STANDARD: Sie gelten als langjährige Vertraute von Bürgermeister Michael Ludwig. Seit wann wussten Sie, dass Sie neue Wiener Wohnbaustadträtin werden?

Gaal: Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich wurde vier Tage vor der Bekanntgabe des neuen Teams von Ludwig gefragt. Ich habe jedenfalls nicht lange nachdenken müssen.

STANDARD: Sie wurden auch zur Stadträtin für Frauenagenden gekürt. Sind Sie – wie SPÖ-Parteimanagerin Barbara Novak – für ein Kopftuchverbot für Schülerinnen?

Gaal: Wir befinden uns innerhalb der Partei in einem Diskussionsprozess. Mir ist wichtig, dass Frauen in dieser Stadt selbstbestimmt leben können. Das trifft auch auf junge Mädchen in Kindergarten und Volksschule zu. Kinder müssen die Möglichkeit haben, Kind sein zu dürfen. Wenn Kinder in diesem Alter ein Kopftuch tragen, ist das immer die Entscheidung der Eltern. Deshalb bin ich auch bereit, über das Kopftuch im Kindergarten und der Volksschule zu diskutieren. Daneben müssen aber auch Lehrer das Gespräch mit den Eltern suchen – was bereits passiert ist.

Gaal: "Ein Kopftuchverbot ist in Diskussion. Ich werde dem Ergebnis nicht vorgreifen."
Andy Urban

STANDARD: Wird das kontrovers diskutiert?

Gaal: Ich bin überzeugt, dass wir bald zu einer einheitlichen Stellungnahme kommen.

STANDARD: Kann am Ende auch ein Kopftuchverbot stehen?

Gaal: Ein Kopftuchverbot ist in Diskussion. Ich werde dem Ergebnis nicht vorgreifen.

STANDARD: Sie sind auch Bezirksparteichefin in Favoriten – eine Position, die zuvor auch Ihr Vater innehatte. Haben Vertreter der bevölkerungsreichen Bezirke in der Stadtregierung jetzt mehr zu sagen?

Gaal: Favoriten ist mit fast 200.000 Personen der einwohnerstärkste Bezirk. Wenn mich auch die anderen Bezirke als ihre Vertreterin sehen, dann nehme ich die Verantwortung gerne an. Ich kenne natürlich die Probleme in den Außenbezirken besonders, will aber auch für alle anderen da sein.

STANDARD: Welche Probleme gibt es speziell in den Außenbezirken?

Gaal: Wien wächst, dabei achten wir jedoch auf ein behutsames Wachstum. Stadterweiterung findet hauptsächlich in den Außenbezirken statt. Wir müssen die Bevölkerung, die dort schon wohnt, bei der Entwicklung mitnehmen. Ich habe schon einige Projekte im Kopf, die ich Ihnen in naher Zukunft präsentieren werde.

STANDARD: Michael Ludwig hat als Wohnbaustadtrat 2016 angekündigt, die Neubauleistung von 10.000 auf 13.000 Wohnungen pro Jahr in die Höhe zu schrauben. 2016 wurden laut Statistik Austria aber nur rund 8.000 Wohnungen fertiggestellt. Müssen Sie die Vorgabe nach unten revidieren?

Gaal: Nein, sicher nicht. Das war von Anfang an ein mittelfristiges Vorhaben. Die steigenden Förderzusicherungen zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind. Zudem haben wir eine weitere Wohnbauoffensive 2018 bis 2020 gestartet, da reden wir von 14.000 geförderten Wohnungen. Dazu kommen 4.000 Gemeindewohnungen neu.

Gaal: "Stadterweiterung findet hauptsächlich in den Außenbezirken statt."
Andy Urban

STANDARD: In welchem Jahr wird Wien eine Fertigstellungsleistung von 13.000 Wohnungen pro Jahr erreichen? Noch einmal: 2016 waren es vergleichsweise "nur" 8.000.

Gaal: Die neue Wohnraumbedarfsprognose für Wien zeigt, dass wir ausreichend Wohnungen bauen. Aber heuer werden wir das natürlich nicht mehr schaffen. Ich werde aber alles dafür tun, dass wir diese Bauleistung erreichen.

STANDARD: Der geförderte Wohnbau soll auf 9.000 Wohneinheiten pro Jahr gesteigert werden. Wie viele geförderte Wohnungen wurden 2017 übergeben?

Gaal: Genaue Aussagen wären unseriös. Die Statistik ist in Fertigstellung. Im Schnitt sind es jährlich 7.000 Wohnungen.

STANDARD: Ihr neuer Chef, Bürgermeister Ludwig, hatte sich gegen den Neubau von Gemeindewohnungen lange gewehrt, musste den Wunsch von Michael Häupl dann aber umsetzen. Wie stehen Sie dazu?

Gaal: Wir werden die angekündigten 4.000 Gemeindebauwohnungen bis 2020 auf Schiene bringen. Sie werden nicht alle bis dahin fertig sein, sondern befinden sich in den unterschiedlichsten Planungsstadien. Derzeit in Bau ist ein Projekt in Favoriten mit 120 Wohnungen. Nachdem diese 4.000 Einheiten fertig sind, werden wir das Programm ergebnisoffen evaluieren.

STANDARD: Wiener Wohnen, für das Sie nun auch zuständig sind, meldete hohe Leerstände von Wohnungen, aber auch von Geschäftslokalen. Was wollen Sie dagegen tun?

Gaal: Die Leerstände sind seit Ende 2017 rückläufig. Ich gehe davon aus, dass der Trend so weitergeht. Zudem sollen Hausärzte, Nahversorger oder Start-ups in Erdgeschoßzonen gebracht werden.

STANDARD: In manchen Lagen tut man sich da aber sehr schwer. Warum werden leer stehende Geschäftslokale nicht auch in Wohnungen umgewidmet?

Gaal: Ich bin für alle Wege offen und werde mir das mit Wiener Wohnen anschauen. Ich will das jetzt nicht ausschließen.

Gaal zum Hochhaus am Heumarkt und dem möglichen Verlust des Welterbestatus: "Das Unesco-Welterbe ist schon wichtig, aber eine Stadt entwickelt und verändert sich. Beides muss Platz haben. Ich gerate da jetzt auch nicht in Panik."
Foto: Andy Urban

STANDARD: Die Mietpreise sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Was wollen Sie konkret unternehmen, um die Mieten auf einem erträglichen Maß zu halten?

Gaal: Die Steigerungen spielen sich ausschließlich im privaten Bereich ab. Im geförderten Wohnbau steigen die Mieten entlang der Inflation. Umso wichtiger ist für mich der geförderte, leistbare Wohnraum. Und umso wichtiger wäre ein einheitliches Mietrechtsgesetz auf Bundesebene.

STANDARD: Ludwig betont das Thema Sicherheit, am Praterstern gilt etwa seit kurzem ein Alkoholverbot. Er spricht von einer Hausordnung für Wien. Wird Sicherheit auch in Ihrem Ressort eine größere Rolle spielen?

Gaal: Dort, wo wir die Möglichkeit haben, Sicherheit zu verstärken, werden wir das tun. Beim Neubau soll bei der Planung darauf geachtet werden, dass keine Angst räume geschaffen werden. Bei bestehenden Bauten kann man im Rahmen von Sanierungen einiges verbessern.

STANDARD: Hochhäuser in Wien führen immer wieder zu Diskussionen. Was ist Ihre Meinung zum Wohnturm am Heumarkt?

Gaal: Das Thema ist für mich erledigt.

STANDARD: Wien steht aufgrund dieses Bauprojekts auf der Roten Liste der Unesco, die Aberkennung des Welterbestatus droht.

Gaal: Ich würde hier erst einmal abwarten.

STANDARD: Haben Sie kein Problem mit einer Aberkennung?

Gaal: Das Unesco-Welterbe ist schon wichtig, aber eine Stadt entwickelt und verändert sich. Beides muss Platz haben. Ich gerate da jetzt auch nicht in Panik. (David Krutzler, Martin Putschögl, 7.6.2018)