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Bei Cannabis hat die europäische Produktion die Einfuhr teilweise verdrängt und scheint sich auf die Geschäftsmodelle externer Produzenten ausgewirkt zu haben, ist dem Drogenbericht zu entnehmen.

Foto: AP/Eric Engman

Die Zahl der Konsumenten nach Altersgruppe: Cannabis spielt hierbei die größte Rolle – es folgt Kokain.

Grafik: APA

Lissabon – Die Produktion von illegalen Drogen nimmt in Europa zu, ebenso jene von Kokain in Südamerika. Das hat die Verfügbarkeit dieser Substanzen erhöht. Das sind zwei Hauptaussagen aus dem Europäischen Drogenbericht 2018, der am Donnerstag von der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle (EMCDDA) veröffentlicht wurde.

"In diesem Jahr gibt es bei einer Vielzahl von Substanzen besorgniserregende Anzeichen dafür, dass die Herstellung von Drogen in Europa – und damit näher an den Absatzmärkten – zunimmt. Der technologische Fortschritt begünstigt diese Entwicklung und ermöglicht es Herstellern und Konsumenten von Drogen zudem, über das Internet und das Darknet Zugang zu globalen Märkten zu erhalten. Wir stellen ebenfalls fest, dass die vermehrte Herstellung von Kokain in Südamerika jetzt Auswirkungen auf den europäischen Markt hat", berichteten die Experten.

Cannabis oft aus Europa

"Bei Cannabis hat die europäische Produktion die Einfuhr teilweise verdrängt und scheint sich auf die Geschäftsmodelle externer Produzenten ausgewirkt zu haben. Eine Folge davon ist der erhöhte Wirkstoffgehalt des Cannabisharzes, das jetzt nach Europa geschmuggelt wird", schreiben die Autoren des Drogenberichts.

Bei Kokain und Heroin, den beiden anderen großen illegalen Drogen auf pflanzlicher Basis, konzentriert sich die Produktion weiterhin auf Lateinamerika und Asien. Globale Daten deuten darauf hin, dass beide Substanzen derzeit in größerem Ausmaß hergestellt werden. "Im Falle von Heroin bleibt der Gesamtkonsum stabil, und zwar trotz der relativ hohen Reinheit der Droge auf Straßenniveau und geringeren Einstiegsraten in den Konsum", stellten die Fachleute schließlich fest.

Ein Viertel hat Erfahrung mit illegalen Drogen

Der Markt für illegale Drogen in Europa ist riesig. Laut EMCDDA-Zahlen belief er sich im Jahr 2013 auf 24 Milliarden Euro, wobei Cannabis den größten Anteil hat (38 Prozent), gefolgt von Heroin (28 Prozent) und Kokain (24 Prozent). Das bedeutet aber natürlich nicht, dass die Zahlen der Konsumenten den Umsatzanteilen entsprechen würden.

Drogenkonsumenten, das sind jedenfalls nicht "die anderen". Einmalige oder kurzfristige Erfahrung mit illegalen Substanzen haben viele Europäer. "Schätzungen zufolge haben mehr als 92 Millionen erwachsene Europäer, das entspricht gut einem Viertel der 15- bis 64-Jährigen in der Europäischen Union, bereits einmal in ihrem Leben illegale Drogen konsumiert. Unter Männern (56 Millionen) ist die Lebenszeitprävalenz höher als unter Frauen (36,3 Millionen).

14 Prozent rauchten im letzten Jahr Gras

Die am häufigsten probierte Droge ist Cannabis (53,5 Millionen Männer und 34,3 Millionen Frauen), während die Schätzwerte der Lebenszeitprävalenzen für Kokain (11,8 Millionen Männer und 5,2 Millionen Frauen), MDMA (Ecstasy; neun Millionen Männer und 4,5 Millionen Frauen) und Amphetamin (acht Millionen Männer und 4 Millionen Frauen) deutlich niedriger sind. Die Angaben zur Lebenszeitprävalenz des Cannabiskonsums sind von Land zu Land sehr unterschiedlich und reichen von etwa 41 Prozent der Erwachsenen in Frankreich bis hin zu weniger als fünf Prozent der Erwachsenen in Malta", heißt es in dem Bericht.

Aussagekräftiger als die Lebenszeitprävalenz sind Daten zum Drogenkonsum innerhalb kürzerer Zeitspannen. So liegt die Rate des Konsums innerhalb des vorangegangenen Jahres unter jungen Erwachsenen (15 bis 24 Jahre) in Europa für Cannabis bei 14,1 Prozent (je nach Land zwischen 3,5 und 21,5 Prozent). Beim Kokain beträgt dieser Anteil nur 1,9 Prozent (0,2 bis vier Prozent).

Opioide häufige Ursache für Todesfälle

Für Ecstasy wird eine Jahresprävalenz unter jungen Erwachsenen vom Europäischen Drogenbericht der EMCDDA (Lissabon) von durchschnittlich 1,8 Prozent angegeben (0,2 bis 7,4 Prozent). Eine ähnlich kleine Rolle spielen die aufputschenden Amphetamine (ein Prozent, zwischen Null und 3,6 Prozent). 1,3 Millionen Menschen dürften in Europa riskanten Opioid-Drogenkonsum betreiben. Der ist auch zu 84 Prozent an den rund 9.000 Drogen-Todesfällen in Europa (Tendenz etwas steigend) beteiligt.

Drei Prozent der 15- bis 16-jährigen Schüler dürften im vorangegangenen Jahr zumindest einmal "neue psychoaktive Substanzen" ausprobiert haben. Wissenschafter gehen davon aus, dass der Gebrauch von illegalen Drogen – ganz im Gegenteil von legalen Drogen wie Alkohol oder Nikotin – bei Jugendlichen zumeist ein "Durchgangs-" und "Ausprobier"-Phänomen ist, aus dem die allermeisten Betroffenen wieder "herauswachsen".

Weniger Erstklienten für injizierte Drogen

Die gute Nachricht: "Betrachtet man die drei am häufigsten injizierten Drogen (Heroin, Kokain und Amphetamin, Anm.) zusammen, so ist bei den Erstklienten in Europa ein Rückgang des injizierenden Konsums als vorwiegender Art der Einnahme von 28 Prozent im Jahr 2006 auf 17 Prozent im Jahr 2016 festzustellen." Hinzu kommt, dass bereits ein hoher Anteil der Opiatkonsumenten in Substitutionstherapie mit oral verabreichbaren Opioiden (Methadon, Buprenorphin, retardiertes Morphin) steht. 2016 wurden in den Ländern der EU schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen wegen des Konsums illegaler Drogen medizinisch behandelt (inklusive Norwegen und der Türkei: 1,5 Millionen Patienten).

In den EU-Staaten und in Norwegen waren 636.000 Menschen (2016) in Substitutionstherapie. Das entspricht etwa 50 Prozent der Opiatkonsumenten insgesamt. Am höchsten liegt der Anteil der Substitutionspatienten in Frankreich (rund 70 Prozent). Österreich befindet sich unter den in dieser Hinsicht besten Staaten mit rund 60 Prozent. Deutschland kommt auf nur etwas weniger als 50 Prozent.

Behandlung von Opioidabhängigkeit

"Die Substitutionsbehandlung, häufig in Kombination mit psychosozialer Betreuung, ist die häufigste Therapieform bei Opioidabhängigkeit. Die verfügbaren Daten sprechen für dieses Konzept und belegen positive Ergebnisse im Hinblick auf den Verbleib in der Behandlung und die Eindämmung des illegalen Opioidkonsums, des gemeldeten Risikoverhaltens, der drogenbedingten Schädigungen und der Mortalität", heißt es im Bericht der EMCDDA. (APA, 7.6.2018)