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Die Statistik Austria hat berechnet, dass 23 Prozent der Medizinabsolventen von 2010/11 in den ersten drei Jahren nach dem Abschluss Österreich verließen.

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Das Medizinstudium gilt als eines der beliebtesten Studien Österreichs. Für den heurigen Aufnahmetest haben sich 15.880 Bewerber für 1680 Studienplätze angemeldet. Circa jeder zehnte hat also Aussicht auf einen Platz.

Besteht man den Test, steht einem ein sechsjähriges Studium mit klinisch-praktischem Jahr am Ende des Studiums bevor. Innerhalb von 48 Wochen, die auch im Ausland absolviert werden können, lernen die Studierenden die Bereiche innere Medizin, chirurgische Fächer und Wahlfächer kennen, legen Katheter, leisten Assistenz bei Operationen, führen Patientengespräche. Dann machen sie den neunmonatigen Turnus, die sogenannte Basisausbildung, es folgt die Ausbildung zum Allgemeinarzt oder zum Facharzt. "Die neue Ärzteausbildung von 2014 ist die größte Reform seit Jahren und hat uns international wettbewerbsfähiger gemacht" , sagt Karlheinz Kornhäusl, Obmann der Bundessektion Turnusärzte der Ärztekammer.

Die angehenden Ärzte sind mit der Ausbildung durchschnittlich zufrieden, ergab eine Befragung des Ärztlichen Qualitätszentrums der Ärztekammer. Mit der Schulnote 2,29 schneidet die fachärztliche Ausbildung am besten ab, gefolgt von der Basis- (2,49) und der allgemeinärztlichen Ausbildung (2,52). Betreuung und Integration, angenehmes Arbeitsklima und eigenständiges Arbeiten wurden von den Befragten bei der Basisausbildung positiv hervorgehoben. Die jährlichen Bewertungen verbessern sich kontinuierlich, sagt Kornhäusl.

Auf ins Ausland

Doch nicht alle der durchschnittlich jährlich 1250 Humanmedizinabsolventen können die Basisausbildung nahtlos anfangen: Etwa ein Viertel der Absolventen erhält keinen Platz, da entsprechende Stellen fehlen, sagt der Turnusvertreter. Sie müssen dann, je nach Bundesland bis zu einem Jahr, vereinzelt auch eineinhalb Jahre, auf einen Platz warten, ergab eine Erhebung der Ärztekammer. "Einen Monat zu warten ist vielleicht kein Problem, länger schon. Wir produzieren unseren Ärztemangel teilweise selbst." Denn: "Diese Unsicherheit führt dazu, dass viele ins Ausland gehen, wo man meist sehr schnell eine Zusage bekommt", sagt Lisa Leutgeb vom Vorsitzteam der Österreichischen Hochschülerschaft der Med-Uni Wien.

Die Statistik Austria hat berechnet, dass 23 Prozent der Medizinabsolventen von 2010/11 in den ersten drei Jahren nach dem Abschluss Österreich verließen. Rund 84 Prozent der deutschen Absolventen – der größte Anteil ausländischer Studierender – zogen weg, etwa 69 Prozent der EU-Ausländer (ohne Deutschland), circa 60 Prozent der Nicht-EU-Bürger und mehr als acht Prozent der Österreicher. "Gerade Deutschland und die Schweiz reiben sich die Hände, da sie gut ausgebildete angehende Ärzte bekommen, noch dazu aus der teuersten Ausbildung Österreichs", sagt Kornhäusl.

Besseres Gehalt

Auch bessere Rahmenbedingungen in der Ausbildung lassen Absolventen abwandern: "In Deutschland gibt es flachere Hierarchien, man muss weniger Routinetätigkeiten übernehmen als in Österreich", sagt Leutgeb. Zudem werde man mehr an der Hand genommen. "Die Spitalsträger sollten die Ausbildung stärker als Auftrag wahrnehmen, das stärkt auch das Image der Ausbildung", sagt Kornhäusl.

Lange galt auch das Gehalt als Abwanderungsgrund. "Deswegen geht niemand mehr ins Ausland – außer in die Schweiz oder nach England. Die Gehälter wurden angeglichen", sagt Leutgeb. Als Assistenzarzt, also während der Ausbildung zum Fach- oder Allgemeinarzt, an einer Klinik in Österreich erhält man monatlich laut Kollektivvertrag 3632,72 Euro brutto, in Deutschland 4402,39 Euro, dort gibt es aber kein 13. und 14. Gehalt.

Mehr Studienplätze würden das Problem nicht lösen, "wir bilden genug aus", sagt Kornhäusl, "die postpromotionellen Bedingungen stimmen noch nicht". Daher müsse auch von den Krankenhausträgern Geld in die Hand genommen werden, um Stellen für die Basisausbildung zu schaffen. Nur so könne man auch das Verteilungsproblem der Ärzte und den dadurch drohenden Ärztemangel – besonders auf dem Land – in den Griff bekommen.(Selina Thaler, 10.6.2018)