Pedro Sánchez.

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Spaniens neuer Premier Pedro Sánchez ist auf den parlamentarischen Rückhalt von sechs Kleinparteien, darunter die baskischen und katalanischen Separatisten PNV, PDeCAT, ERC, sowie der linkspopulistischen Partei Podemos angewiesen. Anstatt das Land mit instabilen Mehrheitsverhältnissen noch tiefer in die politische Krise zu stürzen, sollte der Chef des sozialistischen PSOE Neuwahlen vorziehen.

Das fordert auch die in den Umfragen führende liberale Partei Ciudadanos. Doch dass Sánchez der Aufforderung in absehbarer Zeit nachkommen wird, scheint unwahrscheinlich: seiner PSOE drohen laut Umfragen Mandatsverluste. Sánchez wird vielmehr versuchen, sein Amt dazu zu benutzen, mit Eloquenz und staatstragendem Auftreten die Zustimmungswerte für seine Partei zu verbessern. Hierfür nimmt er in Kauf, das Land in die Abhängigkeit von politischen Kräften zu führen, die dessen territoriale Integrität anzweifeln.

Masochistische Amouren

Es sind masochistische Amouren, die er da mit den katalanischen Separatisten eingeht. Optimisten werden vielleicht entgegnen, dass, wie seinerzeit unter Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, nun eine Phase des Dialogs beginne, die die katalanischen Separatisten in ihren Unabhängigkeitsbestrebungen beschwichtigen könne. Sie verkennen dabei, dass sich der Katalanismus unter Carles Puigdemont und nun Quim Torra weiter radikalisiert hat. Für Menschen wie Torra, die über genetische Unterschiede von Katalanen und Spaniern spintisieren und die Rechtsordnung mit Füßen treten, ist die Frage nach weitergehenden Autonomierechten witzlos geworden. Torra wird es sich nicht nehmen lassen, abermalige Verfassungswidrigkeiten zu begehen sowie die Rechte jener katalanischen Mehrheit weiter zu untergraben, die bei den Katalonien-Wahlen nicht für separatistische Parteien gestimmt hat. Eine kraftlose PSOE-Regierung wird kaum imstande sein, Katalonien einen neuen Ausnahmezustand nach 155 CE aufzuerlegen.

Dass Sánchez sich auch Podemos wird fügen müssen, macht vieles gefährlicher. Die Partei, deren Wählerbasis eine Generation wütender Jugendarbeitsloser ist, hat in der Vergangenheit immer wieder brutale linksnationalistische Finessen durchdringen lassen. Podemos hat sich vom katalanischen Separatismus nie direkt distanziert, bezeichnet die infolge des Unabhängigkeitsreferendums inhaftierten Politiker als "politische Gefangene" und korrumpiert so die Glaubwürdigkeit der spanischen Justiz.

Nicht ans Amt klammern

Sánchez darf den Fehler seines Amtsvorgängers nicht wiederholen und sich an sein Amt klammern. Die Mehrheit der Spanier will laut "El Confidencial" Neuwahlen. Sánchez sollte deshalb über seinen parteipolitischen Schatten springen und diese abhalten lassen. PSOE und Ciudadanos hätten gute Chancen, es zusammen auf eine absolute Mehrheit im Kongress zu bringen und so die Zeiten des handlungsunfähigen Schwebeparlamentes hinter sich zu lassen. Die beiden Parteien ergänzen sich; in europäischen Fragen eint sie mehr, als sie trennt. Die Kombination von Albert Rivera und Pedro Sánchez – beides junge und fähige Politiker – gäbe dem Land wohltuenden Aufschwung. (Karl-Raban Herder, 12.6.2018)