Berlin – Industriestaaten wie Deutschland profitieren einer Studie zufolge wirtschaftlich am stärksten von der Globalisierung. Die Wirtschaftsleistung je Einwohner hat von 1990 bis 2016 in der Schweiz, Japan, Finnland, Irland und Israel am kräftigsten zugelegt. Das geht aus einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Prognos im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervor.

Auf Platz sechs folgt Deutschland: Demnach habe sich in Europas größter Volkswirtschaft durch die voranschreitende Globalisierung der Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) pro Kopf jährlich um rund 1150 Euro erhöht. Das summiere sich im untersuchten Zeitraum auf rund 30.000 Euro.

"Globalisierung kann eindeutig Wohlstandsgewinne schaffen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung, Aart De Geus. "Protektionismus ist der falsche Weg. Doch die Globalisierung muss so gestaltet werden, dass der Mensch im Mittelpunkt steht."

In den 42 untersuchten Industrie- und Schwellenländern wuchs demnach das reale Bruttoinlandsprodukt im Zeitraum 1990 bis 2016 zusammengenommen um durchschnittlich rund 1000 Milliarden Euro pro Jahr. Allerdings hätten die Länder in unterschiedlichem Ausmaß davon profitiert.

Niedriges Ausgangsniveau

In Indien, dem Schlusslicht bei den globalisierungsbedingten Zuwächsen, stieg das BIP pro Kopf nur um durchschnittlich 20 Euro pro Jahr. Auch China (80 Euro) und Mexiko (120 Euro) verzeichneten nur unterdurchschnittliche Zuwächse. Ein Grund für die niedrigen Raten in Schwellenländern sei das dort vorherrschende geringe Ausgangsniveau zum Startpunkt der Messung gewesen.

Die Bertelsmann-Stiftung kritisiert die ungleiche Verteilung der Globalisierungsgewinne zwischen Industrie- und Schwellenländern und innerhalb einzelner Staaten. Da die Industrieländer seit langer Zeit über eine höhere Wirtschaftsleistung pro Einwohner verfügten, seien auch die absoluten Globalisierungsgewinne deutlich höher und für die Schwellenländer schwierig aufzuholen.

"Wir müssen eine internationale Wirtschaftsordnung fördern, die nicht auf das Recht des Stärkeren, sondern auf gemeinsame, verbindliche Regeln und Standards setzt", sagte Cora Jungbluth, Wirtschaftsexpertin der Stiftung. "Nur so lassen sich Globalisierungsgewinne möglichst breit verteilen." Dazu gehörten Marktöffnungen in Schwellenländern genauso wie der Subventionsabbau in Industrieländern, sagte Jungbluth. (Reuters, 8.6.2018)