Luxus kann vieles sein: Für die einen das Dachgeschoß mit vielen Aus-, aber keinen Einblicken, für die anderen ein gründerzeitlicher Prachtbau.

Foto: https://www.istockphoto.com/at/fotos/hanohiki

Moderner Luxus im hotelähnlichen Loft-Design.

Foto: https://www.istockphoto.com/at/portfolio/imaginima

Elisabeth Rohr: "Es gibt Kunden, die sofort abwinken, wenn sich die Immobilie nicht im ersten Bezirk befindet."

Foto: Elisabeth Rohr Real Estate

Derzeit befinden sich in der Wiener City so viele Luxuswohnprojekte in Bau wie lange nicht. Wer zuschlägt und wie viel bezahlt wird, bleibt aber oft geheim. Denn der Luxusimmobilienmarkt ist vor allem eines: sehr diskret. Luxusmaklerin Elisabeth Rohr gewährt einen Einblick.

STANDARD: Im ersten Bezirk befinden sich gerade besonders viele Luxuswohnprojekte in Bau. Macht Ihnen das Überangebot Sorgen?

Rohr: Im ersten Bezirk haben die Kunden derzeit tatsächlich die Qual der Wahl. Daher nehmen sie sich auch Zeit und schauen sich in Ruhe alles an – das erhöht natürlich die Vermarktungszeit. Für die Kunden ist das eine schöne Entwicklung. Für die Bauträger, die damit rechnen, dass die Verwertung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes abgeschlossen ist, ist es allerdings nicht ganz so einfach. Aber wenn der Preis und die Qualität stimmen, dann wird die Wohnung am Ende auch verkauft.

STANDARD: Wer ist denn auf dem Markt unterwegs?

Rohr: Da muss man unterscheiden zwischen jenen, die sich für eine Immobilie interessieren und sie besichtigen – und jenen, die am Ende tatsächlich kaufen. Bei den Interessenten haben wir einen großen Ausländeranteil, auch aus dem osteuropäischen Raum. Bei den Käufern überwiegen dann aber immer noch die Österreicher.

STANDARD: Die Russen, heißt es, sind verhaltener als früher, dafür sind Chinesen vermehrt auf Immobiliensuche. Stimmt das?

Rohr: Die Russen sind unserer Einschätzung nach noch immer massiv auf dem Markt unterwegs. Aber ja, auch Chinesen sieht man immer häufiger. Bei ihnen steht sehr oft die Renditevorstellung im Vordergrund. Sie wünschen sich oft eine zweistellige Rendite, zumindest aber acht Prozent – vielleicht, weil das in China eine Glückszahl ist (lacht). Solche Wünsche können wir auf dem Wiener Markt aber nicht befriedigen. Um diese Rendite zu erreichen, müsste man in Richtung Gewerbeimmobilien gehen. Ich habe schon mit vielen Chinesen verhandelt – auch bezüglich ganzer Bauteile bei Neubauten -, aber es hat sich letztendlich immer am Preis gespießt.

STANDARD: Was wird denn gesucht?

Rohr: Russische Interessenten suchen repräsentative, klassische Luxusimmobilien, aber natürlich mit modernem Standard. Ihnen sind auch die Anmutung des Gebäudes von außen und der Sicherheitsaspekt wahnsinnig wichtig. Sie wollen nicht, dass Fremde die Liegenschaft betreten können. Österreicher wiederum üben sich in vornehmer Zurückhaltung. Diese Käufer müssen nicht am teuersten Standort der Stadt sein. Chinesen wiederum bevorzugen gut geschnittene, kompakte Neubauten. Sie haben kein Faible für den klassischen Wiener Altbau.

STANDARD: Welche Ausstattung wird gewünscht, wenn Geld keine Rolle spielt?

Rohr: Privataufzüge sind immer wieder ein Thema. Aber wenn das ein Haus mit mehreren Einheiten ist, ist ein eigener Aufzug meist schwer zu bewerkstelligen. Aufzüge in einer mehrstöckigen Wohnung sollte es aber unbedingt geben. Ein Concierge-Service gehört heute ohnehin bereits zum Standard. Die, die wirklich wohlhabend sind, beschäftigen aber wohl eher einen Externen, der alles für sie erledigt. Und generell wird Helligkeit und viel Licht gewünscht. Die Kunden wollen möglichst gute Ausblicke – aber ohne dass man ihnen in die Wohnung sieht.

STANDARD: Was wird von Kunden wie diesen in Bezug auf die Sicherheit vorausgesetzt?

Rohr: In der Regel keine ausgefallenen Dinge. Eine Videosprechanlage hat ja heute fast jedes Haus. Gibt es einen Privataufzug, dann gibt es darin nicht nur eine Überwachungskamera, denn die hat tote Winkel. Es wird auch mittels Gewichtserkennung genau überprüft, ob der Aufzug leer ist, bevor man ihn sich in die Wohnung holt. Den Bewohnern ist wichtig, dass der Weg von der Garage zum Lift im Haus kurz ist und man sich da wohlfühlt. Ich habe einmal gehört, dass sich ein Ukrainer in jedem Zimmer seiner Wohnung einen Safe einbauen ließ und er sich den Balkon mit kugelsicherem Glas zubauen hat lassen. Ein solches Sicherheitsbedürfnis ist für die Hausgemeinschaft schon eine Herausforderung – etwa wenn ein Security vor dem Haus steht. Das ist eine Einschränkung für die anderen. Solche Kunden habe ich nicht.

STANDARD: Sind Ihnen besonders skurrile Sonderwünsche in Erinnerung geblieben?

Rohr: Es gibt immer wieder sehr süße Details. Diverse Annehmlichkeiten für Haustiere in der Wohnung sind ein großes Thema. Oder bestimmte Blickachsen, die die Menschen nachträglich geschaffen haben wollen, um einen besonderen Ausblick zu haben. Aber eigentlich nichts Verrücktes, was ich nicht auch nachvollziehen kann.

STANDARD: Warum interessieren sich internationale Kunden überhaupt für Wien?

Rohr: Das liegt zu einem Hauptteil an der Tatsache, dass Wien eine so sichere Stadt ist, außerdem schätzen viele das kulturelle Angebot und die Lebensqualität. Dass Wien in der Mercer-Studie zur Lebensqualität Jahr für Jahr an erster Stelle steht, hilft ungemein.

STANDARD: Welche Rolle spielt denn die Postleitzahl der Immobilie?

Rohr: Es gibt Kunden, die sofort abwinken, wenn sich ein Objekt nicht im ersten Bezirk befindet. Im Normalfall ist es aber kein Problem, wenn das Gebäude nicht im Ersten ist, sondern innerhalb von zwei bis drei Häuserblocks rund um den Ring. Allerdings werden dann auch keine Preise wie im Ersten bezahlt.

STANDARD: Etwas außerhalb des 1. Bezirks, in der Kolingasse, wurde im Vorjahr dennoch die teuerste Wohnung der Wiener Geschichte verkauft. Wird es heuer neue Preisrekorde geben?

Rohr: Das könnte schon sein, aber ich würde aktuell nicht darauf wetten.

STANDARD: Wie diskret ist denn das Geschäft mit den Luxusimmobilien?

Rohr: Natürlich haben wir immer wieder Kunden, die auf einem Nondisclosure-Agreement bestehen. Auf Verkäuferseite gibt es mitunter den Wunsch, die Information, dass die Immobilie zu haben ist, nicht breit zu streuen. Das ist aber ein extremer Vermarktungsnachteil.

STANDARD: Wie werden Interessenten vor der ersten Besichtigung abgeklopft?

Rohr: Ein Makler soll wegen der Geldwäschebestimmungen Interessenten vorab überprüfen. In einem Erstgespräch versucht man herauszufinden, was der genaue Bedarf ist. Da geht es beispielsweise um die Familienstruktur – und was Ausschlusskriterien sind, wie etwa der Zustand des Hauses. Bei diesem Gespräch braucht es viel Fingerspitzengefühl, weil manche Kunden schnell das Gefühl haben, dass sie ausgefragt werden. Natürlich recherchiere ich vorab auch den Namen der Kunden. Da gibt es auch immer wieder Namen, die ich noch nie gehört habe. Oft handelt es sich dann um ein solides Familienunternehmen – oder um jemanden, der vorgeschickt wird, weil der eigentliche Käufer zu Beginn noch im Hintergrund bleiben will. (Franziska Zoidl, 10.6.2018)