Wien – Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und das Jahr nicht vor Silvester; oder im Fall von Gletschervermessungen vor den ersten Schneefällen des neuen Winters. Wie 2018 in der Chronik der heimischen Gletscherentwicklung zu Buche schlagen wird, ist vorerst noch offen – dafür ist nämlich der Sommer entscheidend. Der vergangene Winter aber hat den Gletschern gut getan und sorgt zumindest für ein gutes Zwischenergebnis.

Aktuelle Messungen

Die Gletscher der Hohen Tauern haben im vergangenen Winter bis zu 25 Prozent mehr Masse gewonnen als in einem durchschnittlichen, berichtet die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) aufgrund der ersten Ergebnisse der Frühjahrsmessungen am Hohen Sonnblick. Um den Zuwachs zu berechnen, wurde an rund 560 Punkten am Gletscher die Schneehöhe mit Sonden gemessen.

An weiteren neun Punkten wurde zusätzlich die Schneedichte und die Schneetemperatur erhoben. Die mittlere Schneehöhe lag dabei am Goldbergkees bei 460 Zentimeter und am Kleinfleißkees bei 390 Zentimeter. Aus Höhe und Dichte der Schneedecke ließ sich die Menge an Wasser berechnen, die im Gletscher gebunden ist.

"Für die Gletscher war das ein sehr guter Winter. In den Hohen Tauern haben wir den größten Massenzuwachs im Winter seit 20 Jahren gemessen", sagte ZAMG-Gletscherforscher Bernhard Hynek. "Der Massenzuwachs am Goldbergkees liegt 22 Prozent über dem Durchschnitt und entspricht einer Wassersäule mit einer Höhe von 2.080 Millimeter. Das Kleinfleißkees hat im vergangenen Winter 25 Prozent mehr Masse gewonnen als in einem durchschnittlichen Winter. Das entspricht einer Wassersäule mit 1.760 Millimeter Höhe."

Worauf es ankommt

Allerdings hat der extrem warme April die noch überdurchschnittlich hohe Schneedecke auf den Gletschern schon mehr als kompensiert. Die momentanen Schneehöhen liegen sogar schon unter dem Mittelwert für Anfang Juni.

Entscheidend wird sein, ob in den kommenden Wochen und Monaten kurzfristige Kaltlufteinbrüche für Neuschnee sorgen: Laut ZAMG schützt eine frische Schneedecke im Sommer den Gletscher etwa eine Woche lang vor der Sonnenstrahlung. Am ungeschützten Gletscher hingegen kann das Eis in einer Woche rund einen halben Meter abschmelzen. (red, APA, 9. 6. 2018)