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Neymar steuerte den zweiten Treffer für die Brasilianer bei und feierte diesen standesgemäß.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Wien – Die Serie ist nach sieben Siegen gerissen, Österreichs Nationalteam kann Fußballspiele verlieren, das beruhigt irgendwie. Und zwar deutlich, zum Beispiel am Sonntagnachmittag in Wien mit 0:3 gegen den fünffachen Weltmeister Brasilien. Teamchef Franco Foda fasste das Debakel so zusammen: "Sie waren auf dem höchsten Level, uns fehlte die Energie, wir waren dauernd einen Schritt zu spät."

Brasiliens Trainer Tite bezeichnete die Partie im Vorfeld als "richtige Aufgabe". Erstens hätten sich die Österreicher "enorm verbessert", und zweitens sei eine WM-Generalprobe kein einfaches Unterfangen. "Es geht um Leistung, Verletzungsrisiko und den Verlust unseres Selbstvertrauens."

Neymar im Fokus

Es ging natürlich auch um Neymar, den globalen Superstar, der die Startformation schmückte. Ende Februar hatte er sich den Mittelfuß gebrochen, eine Nation bangte, vor einer Woche gab er gegen Kroatien ein Comeback. In der zweiten Halbzeit eingewechselt, erzielte er das 1:0, Endstand 2:0. Tites Tipp an Neymar: "Den Fuß nicht vom Gas nehmen. Der beste Weg, in den Rhythmus zu kommen, ist hart zu trainieren und zu spielen."

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Neymar verlor das eine oder andere Mal das Duell mit der Schwerkraft.
Foto: REUTERS/LEONHARD FOEGER

Foda hat sich an den Spruch, dass man ein Team, das gewinnt, niemals ändern soll, im Prinzip gehalten, zwei Veränderungen im Vergleich zum 2:1 gegen Deutschland fallen fast unter die Wahrnehmungsgrenze. Heinz Lindner hütete anstelle von Jörg Siebenhandl das Tor, Xaver Schlager ersetzte Peter Zulj. Marko Arnautovic ignorierte seine Knochenabsplitterung im Mittelhandknochen, so eine Lappalie kostet ihn maximal einen Huster, zumal er Fußballer, nicht Handballer ist.

Sehr herzlich

Das Happel-Stadion war ausverkauft, 48.500 Zuschauer sorgten bei extrem schwüler Witterung für den passenden Rahmen. Das Nette an Freundschaftsspielen ist, dass der Gegner nicht ausgepfiffen, sondern mit Applaus bedacht wird. Bei Brasilien fällt er lauter und herzlicher aus als zum Beispiel bei Finnland. Die Österreicher wollten gegen die Weltstars mutig, aggressiv, aktiv sein, nicht reagieren, sondern agieren. Wie sagte Kapitän Julian Baumgartlinger: "Wir können durchaus optimistisch an die Arbeit gehen."

Sie gingen es erst einmal rustikal an. Dritte Minute: Alessandro Schöpf und Baumgartlinger nehmen Neymar in die Zange, der wälzt sich sekundenlang auf dem Rasen, steht wieder auf. Die technische Überlegenheit Brasiliens war nicht nur marginal, aber das wusste man vorher. Wie sie den Ball behandeln, streicheln und liebkosen, ergötzt das neutrale Auge.

Die Österreicher nahmen aber schon an der Partie teil, hatten neben einigen unnötigen Ballverlusten auch durchaus gefällige Szenen. So um die 20. Minute. Ein Volley von Schöpf, ein Doppelpass zwischen Schöpf und Stefan Lainer (sein Wechsel von Salzburg zu Napoli ist praktisch fix), der erneut starke Arnautovic verfehlt das Ziel nur knapp. Aber damit war es mit der Herrlichkeit vorbei, die Gäste machten ernst. 25. Minute: Coutinho prüft Lindner streng, Paulinho ein bisserl später detto.

Schamlosigkeit

36. Minute: Gabriel Jesus schlenzt das 1:0. Neymar ließ zwar seine Klasse aufblitzen, aber irgendwie hatte er die Handbremse angezogen, er scheute das absolute Risiko. 54. Minute: Sebastian Prödl foult Neymar, an die Gelbe Karte wird er sich erinnern. Foda beginnt das Wechselspielchen. Wurscht. Der Rekordweltmeister zeigte den Heimischen die Grenzen schamlos auf, die Dominanz wurde gespenstisch.

63. Minute: Neymar löst die Handbremse. Nach Pass von Willian narrt er halb Österreich und vor allem Aleksandar Dragovic. Neymars Tor zum 2:0 verdient das Prädikat besonders wertvoll. 69. Minute: Coutinho erhöht auf 3:0, auch schön. 83. Minute: Neymar wird mit Applaus verabschiedet. Schöpf sagte: "Wir fanden keinen Zugriff." Arnautovic: "Das wird der Weltmeister, glaube ich."

Die Brasilianer flogen noch am Abend in ihr WM-Quartier nach Sotschi, den ersten Auftritt in Russland haben sie am 17. Juni in Rostow gegen die Schweiz. Die Österreicher fliegen getrennt irgendwohin, sie haben endlich Urlaub, der ist nach dem 1:0 gegen Russland und dem 2:1 gegen Deutschland verdient. Am 6. September wird in Wien, in der Generali-Arena, gegen Schweden geprobt. Wiedersehen macht trotzdem Freude. (Christian Hackl, 10.6.2018)

Testländerspiel, Sonntag

Österreich – Brasilien 0:3 (0:1)
Wien, Ernst-Happel-Stadion, 48.500 Zuschauer (ausverkauft), SR Kassai (HUN)

Torfolge:
0:1 (36.) Gabriel Jesus
0:2 (63.) Neymar
0:3 (69.) Philippe Coutinho

Österreich: Lindner – Dragovic (70. Danso), Prödl, Hinteregger – Lainer, Grillitsch (65. P. Zulj), Baumgartlinger, Alaba – Schöpf (59. Hierländer), X. Schlager (59. Burgstaller) – Arnautovic

Brasilien: Alisson – Danilo, Thiago Silva (60. Marquinhos), Miranda, Marcelo (67. Filipe Luis) – Paulinho, Casemiro (60. Fernandinho), Philippe Coutinho (76. Taison) – Willian, Gabriel Jesus (67. Firmino), Neymar (84. Douglas Costa)

Gelbe Karten: Schöpf, Prödl bzw. keine