Erste reale Fahrverbote in Hamburg, wiederholt aufkochende Diskussionen um die Abschaffung des Dieselprivilegs, tatsächliche Wertverluste bei gebrauchten Diesel-Pkws hinterlassen auch im Dieselland Österreich Spuren. Und das neuerdings ziemlich deutlich. Während die Neuzulassungen von Benzinern von Jänner bis Mai um 23,4 Prozent zulegten, brachen jene von Diesel-Pkws um 17,6 Prozent ein. Noch deutlicher ist der Trend über die vergangenen fünf Monate. Der Anteil von Dieseln an den Neuzulassungen lag da bei 41,4 Prozent, im Vorjahreszeitraum machte er noch 51,5 Prozent aus.

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Lange sah es so aus, als ließe die Abgasaffäre mit all ihren Folgen die Österreicher kalt. Beherzt schufen sich die heimischen Autofahrer weiterhin Dieselfahrzeuge an. Allenfalls die eine oder andere kleine Delle gab es bei den Neuzulassungen. Doch nun wird es ernst. In Deutschland werden die ersten städtischen Fahrverbote erprobt, neue Abgastests rollen auf die Autoindustrie zu. Der Automobilindustrie inklusive Zulieferern treibt die Diskussion den Schweiß auf die Stirn. Sie muss das jeweilige Zubehör zum passenden Zeitpunkt produzieren.
Foto: Reuters/Bimmer

Wird der Diesel damit nun tatsächlich zum Ladenhüter? Während die Autoindustrie wiederholt davor warnt, den Diesel "schlechtzureden", hält man zumindest im Autohandel von Trübsalblasen nichts. Erstens sind die Konsumenten grundsätzlich in Kauflaune. Zweitens haben Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) und Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) wiederholt deutlich gemacht, dass sie nichts unternehmen werden, was das heimische Autofahrerherz kränken könnte. Auch und gerade nicht das der Dieselfahrer. Fahrverbote? Hierzulande nicht. Abschaffung des Dieselprivilegs? Könne man den Pendlern nicht antun.

So kommt es, dass der Dieselanteil an den rund fünf Millionen Pkws mit 2,7 Millionen Kfzs immer noch hoch ist. Viele davon zählen zu den älteren Modellen, die noch mehr gesundheitsgefährdende Stickoxide ausstoßen als die neueren. Rund eineinhalb Millionen erreichen maximal die Euro-4-Norm. Es seien eher die mobilitätsmäßig privilegierten Städter, die nun von Diesel auf Benziner umsteigen, sagt Klaus Edelsbrunner, Vertreter der Fahrzeughändler in der Wirtschaftskammer und selbst Autohändler. Hier käme vor allem die neue Klasse der kleineren SUVs ins Spiel, zu 90 Prozent als Benziner. Wer täglich weite Fahrten zurücklegen müsse, bleibe beim Diesel. Punkt.

Der Anteil an Alternativen zu Benzin und Diesel wächst – auch dank Förderungen. Im Fördertopf für E-Autos liegen unter dem Titel Ankaufförderungen noch 2,15 Millionen Euro bereit, für Betriebe stehen noch 7, 46 Millionen zur Verfügung. (Stand 11.6, 13 Uhr)
Foto: Statistik Austria, AustriaTech, BMVIT

"Diesel-Rabatte wird es bei Österreichs Autohändlern nicht geben", gibt Edelsbrunner die offizielle Devise aus, just nachdem das CAR-Center in Duisburg-Essen erklärte, dass deutsche Hersteller wie BMW und Audi mit Preisnachlässen auf einen deutlichen Rückgang bei Diesel-Modellen reagieren. Allerdings muss der Handel jetzt – vor der Umstellung auf das neue Abgasregime (siehe auch: Wegen neuer Abgastests drohen Engpässe bei Autos) die im alten Messmodus abgenommenen Fahrzeuge losschlagen, die günstiger zu haben sind.

Ähnlich sieht es bei Gebrauchten aus. Lag der Preisunterschied zwischen Dieseln und Benzinern nach einer aktuellen Auswertung des Gebrauchtwagenportals Scout24 im Mai 2017 bei rund 4000 Euro, schmolz er heuer ab März auf die Hälfte. Wer sich traut, einen älteren Diesel zu kaufen, kann sich freuen, wer einen loshaben will, weniger. Edelsbrunner rät jedenfalls zum Umstieg von einem älteren auf ein neueres Modell. "Schon der Euro-5 ist viel umweltfreundlicher."

Auch wenn diese Kurve nicht die ganze Wahrheit ist (AutoScout24 Inserate aus Österreich, Gebrauchtwagen, keine Unfallwagen, Einzelpreis unter 250.000 Euro, Inserate nicht älter als 18 Wochen), zeigt sie doch einen Trend: Diesel und Benziner-Preise näherten sich in den letzten Monaten an, der Preisunterschied sinkt.
Foto: Autoscout24

Christian Gratzer vom VCÖ, Ökolobbyist für Verkehr, ist damit nicht zufrieden. Am Ende führe kein Weg daran vorbei, den Anreizen für E-Mobilität (Ankaufförderung, NoVA-Befreiung, keine Mineralölsteuer) weitere Taten folgen zu lassen. Zwar wächst der Anteil am Gesamt-Pkw-Bestand, er liegt aber weiterhin unter zwei Prozent. Sein Vorbild: "Norwegen besteuert Diesel stark." Zudem müsse der C02-Grenzwert für die Autobauer auf EU-Ebene strenger werden. Die seien so gezwungen, mehr E-Autos auf den Markt zu bringen. Niedrige Preise würden auch Konsumenten überzeugen. (Regina Bruckner, 12.6.2018)