Donald Trump gibt Kim Jong-un bei ihrem historischen Treffen mehrmals Signale der Zustimmung.

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Es hat nicht an Superlativen, Übertreibungen und auch Beleidigungen gefehlt im Prozess, der nun in einem persönlichen Zusammentreffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un gegipfelt ist. Der eine wollte den "kleinen Raketenmann" noch vor wenigen Monaten mit "Feuer und Zorn" überziehen. Der andere nannte den US-Präsidenten "komplett derangiert". Jetzt haben einander beide nicht nur die Hand gereicht, sie haben auch ein Dokument unterzeichnet, das ein neues Kapitel im Korea-Konflikt aufschlagen soll.

Zunächst das Positive: Es ist gut, dass es Gespräche gibt statt Raketen oder Nukleartests. Und es ist ebenso gut, dass auch rhetorisch deeskaliert wurde. Der Preis, den US-Präsident Trump dafür gezahlt hat, ist allerdings äußerst hoch: Er hat den härtesten Diktator unter dieser Sonne nicht nur salonfähig gemacht, er hat sich dazu in seinen eigenen Worten "die Ehre gegeben" und Kim auch noch nach Washington eingeladen. Der nordkoreanische Führer dagegen hat für den unerwarteten Glanz auf der Weltbühne wenig gegeben.

Denn das Dokument, das die beiden Herren im Rattern der Kameraverschlüsse der Weltpresse unterschrieben haben, ist nicht viel mehr als eine koreanische Luftnummer. Kim verpflichtet sich darin unter Punkt 3 nur dazu, "an einer vollständigen Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel mitzuarbeiten". Was diese Denuklearisierung genau sein soll und ob sie etwa auch den US-Nuklearschirm für Südkorea betreffen wird, bleibt unklar.

Kim gibt außerdem keinerlei atomare Waffenbestände ab. Er verpflichtet sich auch nicht, Nukleartests zu unterlassen. Und seine Raketenprogramme – auch für Interkontinentalraketen, die die USA erreichen können – laufen weiterhin. All das soll in nun folgenden Verhandlungen zwischen den USA und Nordkorea geklärt werden.

Donald Trump, der ein über Jahre ausverhandeltes, detailliertes und auch international überwachtes Nuklearabkommen mit dem Iran aufgekündigt hat, preist das Dokument als epochalen Durchbruch. In Wirklichkeit aber ist es ein epochaler PR-Erfolg für den "kleinen Raketenmann" aus Pjöngjang und ein politischer Bauchfleck für Mr. "Maximaler Druck", das Großmaul aus Washington. (Christoph Prantner, 12.6.2018)