"Tagespresse"-Gründer Fritz Jergitsch.

Foto: ORF/Hans Leitner

Wien – Mark Zuckerberg ist kein reiner Wohltäter. Genauso wenig wie Fritz Jergitsch. Wenn aber der Facebook-Gründer an den Algorithmen-Schrauben seines Netzwerks dreht und Privates gegenüber Medien forciert, hat das unmittelbare Auswirkungen auf den Motor des "Tagespresse"-Chefs. Um die Abhängigkeit von Facebook zu verringern, installiert das Satireportal jetzt eine Bezahlschranke, berichtet die Wiener Stadtzeitung "Falter" in ihrer neuen Ausgabe.

Das Modell orientiert sich an jenem der "New York Times". Fünf Artikel pro Monat sind kostenlos, wer mehr lesen möchte, muss zahlen: je nach Variante zwischen 3,50 und sechs Euro monatlich. Das Premium-Abo sei für "knallharte 'Tagespresse'-Fans" gedacht, sagt Jergitsch zum "Falter": "Da bauen wir zusätzlich als Extra die Namen der Abonnenten in Artikeln ein, die dann als Experte, Politologe oder Einsatzleiter im Bericht vorkommen." Außerdem inkludiert: der Cartoonband "Der uralte Vogeltraum" von "Tagespresse"-Autor Jürgen Marschal. Für Mindestsicherungsbezieher und alle unter 21 Jahren bleibt die "Tagespresse" kostenlos.

Ein Drittel weniger Traffic über Facebook

Die "Tagespresse" ist auch dank Facebook groß geworden. Derzeit hält das Portal bei rund 350.000 Fans. Die Zugriffe via Facebook seien aber in den letzten Monaten um ein Drittel eingebrochen. Was nicht daran liegt, dass den Betreibern der Stoff für gute Satire ausgeht, sondern an Facebook und der Änderung des Algorithmus. Nur wer zahlt, wird in der Timeline der User stark gesehen. "Auf Facebook kann man nicht zählen. Wir müssen uns deshalb davon lösen und dürfen uns nicht mehr in wirtschaftliche Abhängigkeit einer privaten Firma begeben", so Jergitsch.

Auf Anfrage des STANDARD sagt Jergitsch, dass die "Tagespresse" rund die Hälfte ihrer Zugriffe via Facebook generiere. Der Rest komme direkt über dietagespresse.com, Twitter oder die App. Kam die "Tagespresse" im April 2017 noch auf über rund 1,1 Millionen Visits, so waren es im April 2018 nur mehr 273.000 Besuche – das zeigen die Zahlen der Österreichischen Webanalyse (ÖWA). Für Mai 2018 veröffentlichte das Portal keine Zahlen.

Die Zugriffe laut Zahlen der ÖWA.
grafik: ÖWA

*Jergitsch weist daraufhin, dass die ÖWA-Zahlen nicht korrekt seien, da hier weder Abrufe über die App noch Instant Articles aufscheinen. So würden seinen Angaben zufolge rund 50 Prozent der Zugriffe fehlen. DieTagespresse.com werde mit Ende des Jahren aus der ÖWA aussteigen.

Um den Betrieb auf solide finanzielle Beine zu stellen, braucht die "Tagespresse" rund 3.000 Abonnenten. Als technische Lösung für das Bezahlmodell fungiert ein Wordpress-Shop-Plugin. (omark, 12.6.2018)