Ein Stück zu Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello zeigt die belgische Starchoreografin Anne Teresa De Keersmaeker bei Impulstanz 2018.

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Wien – Dass die österreichische Hauptstadt und der zeitgenössische Tanz ihr Dauer-Techtelmechtel genießen, zeigt sich seit 35 Jahren jeden Sommer aufs Neue. Wenn das Impulstanz-Festival – diesmal ab dem 12. Juli – den State of the Art der internationalen und österreichischen zeitgenössische Choreografie zeigt.

In der kommenden Ausgabe zum Beispiel mit Tanz und Performance im Mumok, einer Uraufführung von Jan Fabre oder einem Stück zu Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello der belgischen Starchoreografin Anne Teresa De Keersmaeker mit dem französischen Cellisten Jean-Guihen Queiras live auf der Bühne.

Insgesamt werden innerhalb von viereinhalb Wochen 50 Produktionen zu sehen sein. Zeitgeich Organisiert Impulstanz auf dem Gelände des Wiener Arsenals das weltgrößte Workshopfestival mit 235 Kursen, von denen ganz viele auch für nichtprofessionelle Tanzbegeisterte geöffnet sind. Zusätzlich gibt es dort einen Dance Contest, ein Symposium und etliche Showings.

Impulstanz verfügt im Jahr 2018 über ein Gesamtbudget von knapp über fünf Millionen Euro. Davon kommen u.a. 2,3 Millionen von der Stadt Wien, (noch nicht bestätigte) 550.000 vom Bund, etwa 830.000 von Foundations, Sponsoren und Kooperationen. Aus dem Kartenverkauf werden 1,3 Millionen Euro erhofft.

Tanz im Burgtheater

Mit De Keersmaeker und Queiras "Mitten im Leben wir sind / Bach6Cellosuiten" bringt das Festival nach etlichen Jahren wieder Tanz ins Burgtheater. Die mittlerweile beinahe schon traditionellen Kooperationen mit Museen sind diesmal auf das Mumok konzentriert und dort auf die Integration von thematisch passenden Performances in die neue Ausstellung "Doppelleben – Bildende Künstler_innen machen Musik".

Zu den Highlights dort zählen unter anderem eine Arbeit der ungarisch-deutschen Choreografin Eszter Salamon über die Avantgarde-Tänzerin Valeska Gert, ein Solo mit Mumok-Skulptur der Kanadierin Clara Furey, die Wienerin Akemi Takeya und der Auftakt dieses Programms am 13. Juli mit einem Geistertanz von Andreas Spechtl und Thomas Köck.

Als Festival-Eröffnungsperformance am Abend zuvor bringt das kanadische Original Dave St-Pierre ein neues Solo mit dem Titel "Néant / Void" ins Odeon. Der skurrile Tänzer füllt seine und vielleicht auch unsere existenzielle Leere mit einer Mischung aus Travestie, Klamauk und poetischer Nachdenklichkeit über vieles, das in unserer Zeit schiefläuft.

Unter den Uraufführungen bei Impulstanz ist Jan Fabres großes Solo "The generosity of Dorcas" für den Tänzer Matteo Sedda, ebenfalls im Odeon, die spektakulärste. Und die kanadische Choreografin Marie Chouinard kommt mit "Radical Vitality", einem Doppelprogramm aus Soli und Duetten als Rückblick auf ihre sich nun über vier Jahrzehnte spannende Werkbiografie ins Volkstheater.

Babylonische Slangverwirrung

Zu den im Festival vertretenen Österreicherinnen und Österreichern zählen Chris Haring mit seiner Company Liquid Loft, die ein Stück über babylonische Slangverwirrung auf Lager haben, Florentina Holzinger, die wieder ihren "Apollon" zuschanden reitet (aber diesmal richtig groß im Volkstheater), und Anne Juren mit einigen intimen "Private Anatomy Lessons".

Zurück zu den Stars unter den Gastierenden: Dazu zählt auf jeden Fall die legendäre einstige La La La Human Steps-Tänzerin Louise Lecavalier, die mit ihrer zweiten eigenen Choreografie "Battlegrund" ins Odeon kommt. Oder Xavier Le Roy, der sich beim Dirigieren von "Le sacre du printemps" ohne Orchester von drei Tänzern vertreten lässt. Und sicher auch Meg Stuart, die – siehe ihr Stück "Blessed" – unumstrittene Meisterin des sarkastischen Pessimismus im zeitgenössischen Tanz. (Helmut Ploebst, 12.6.2018)