Sind nicht überall gerngesehene Gäste: Norbert Hofer und Heinz-Christian Strache.

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Innsbruck – Die Kläger, Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Verkehrsminister Norbert Hofer (beide FPÖ) sowie ein Fotograf der freiheitlichen Parteigazette "Neue Freie Heimat", waren nicht zum Prozess im Innsbrucker Landesgericht erschienen. Sie wurden durch ihren Anwalt und Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger vertreten. Der Beklagte, ein Wirt aus Sölden im Ötztal, saß ihm mit seinem Anwalt Christopher Fink gegenüber. Beide Seiten hatten Unterstützer dabei – auf der einen Seite Funktionäre der FPÖ Tirol, auf der anderen Freunde des beklagten Wirtes.

Zum Prozess wurde geladen, weil an einem Februarabend dieses Jahres im Eingangsbereich des Ötztaler Lokals eine selbstgebastelte Collage affichiert war. Darauf zu sehen waren die Konterfeis Straches und Hofers in Burschenschaftermontur – einem Cover der Zeitschrift "Profil" entnommen – unterlegt mit der Aufschrift "Wir müssen draußen bleiben". Zudem wurde das bekannte antifaschistische Symbol des im Mistkübel entsorgten Hakenkreuzes dazu ergänzt.

Strache und Hofer fühlen sich vernadert

Für die Kläger unterstellte dieses "Kunstwerk" Vizekanzler und dem Minister eine Nähe zum Nationalsozialismus. Anwalt Abwerzger argumentierte, dass sich beide mehrfach und öffentlich von diesem Gedankengut distanziert hätten, weshalb das Machwerk ihre "berechtigten Interessen massiv verletzt". Der dritte Kläger, übrigens jener FPÖ-Fotograf, der eine Wiener SPÖ-Politikerin wegen ihrer afrikanischen Herkunft auf seinem Facebook-Account rassistisch angegriffen hatte, sieht wiederum seine Urheberrechte verletzt, weil die Bilder der FPÖ-Granden vom verwendeten "Profil"-Cover ursprünglich von ihm stammten.

Bei letzterem Fall scheiterte ein Vergleichsangebot an den gebotenen Summen. Während der Beklagte bereit gewesen wäre, 6.000 Euro zu bezahlen, fordert die Gegenseite unter Verweis auf die bereits entstandenen Prozesskosten mindestens 9.800 Euro. Das war dem Wirt zu viel. Sein Anwalt argumentierte, dass es für seinen Mandanten nicht ersichtlich gewesen sei, dass hier eine Urheberrechtsverletzung vorliegen könnte. Einerseits habe "Profil" die Rechte für das Foto vor dem Abdruck erstanden, andererseits habe auch sein Mandant die Zeitschrift regulär käuflich erworben.

"Nähe zum Rechtsextremismus" sei berechtigter Vorwurf

Der Beklagte argumentierte weiter, dass er das Plakat nicht selbst gebastelt habe, sondern es stamme von einem Mitarbeiter. Er selbst sei am besagten Abend wegen eines bevorstehenden Auftrittes mit seiner Band derart im Stress gewesen, dass ihm das "Kunstwerk" gar nicht wirklich aufgefallen sei. Schon am nächsten Morgen sei es jedoch wieder abgenommen worden.

Im Beweisverfahren brachte der Anwalt des Beklagten noch das FPÖ-kritische Buch "Stille Machtergreifung" von Hans-Henning Scharsach ein. Das solle belegen, dass sich die Kläger "den Vorwurf einer gewissen Nähe zum Rechtsextremismus" gefallen lassen müssen, so Anwalt Fink. Als Zeugen wollte Fink zudem Gottfried Küssel vorladen lassen, was jedoch seitens des Gerichtes abgelehnt wurde.

FPÖ distanziere sich nicht klar genug vom rechten Rand

Es sei keineswegs Absicht seines Mandanten gewesen, die Kläger als "Nazis" zu bezeichnen. Die mit dem "Kunstwerk" ausgedrückte Wertung und Meinungsäußerung gründe jedoch auf einem "breiten Tatsachensubstrat". Zwar hätten sich die Beklagten mehrfach von nationalsozialistischem Gedankengut distanziert, doch dies sei immer nur auf massiven medialen Druck hin passiert. Daher dränge sich der "dem politisch interessierten Beobachter" der Schluss auf, diese Distanzierungen seien nicht wirklich ernst gemeint.

Aufgrund der drohenden Schadenersatzforderungen von bis zu 80.000 Euro hat der beklagte Wirt eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Ihm sei seit Bekanntwerden des Rechtsstreits eine wahre Welle der Sympathie begegnet. Aber er gibt sich weiter zuversichtlich, was den Ausgang des Verfahrens angeht: "Letztlich geht es um die Freiheit der Meinungsäußerung und Kunst. Es wurden keine Unwahrheiten verbreitet, sondern zulässige Kritik geübt." Ob die Richterin das ähnlich sieht, wird sich weisen. Der Prozess wurde vertagt. (Steffen Arora, 12.6.2018)