Wohnungen über einem Kino gibt es im Auhof-Center in Wien.

Foto: Anna Blau

Supermärkte, Parkgaragen, Kinos: Sie alle haben das Potenzial zur Nachverdichtung, also zur Schaffung neuer Wohneinheiten auf vorhandenem Grund. Dass diese Maßnahme eines der Instrumente zur besseren Wohnversorgung ist, war ein großes Thema beim Wohnsymposium.

Vor allem bestehende Gemeinde- oder Genossenschaftsbauten will Thomas Ritt von der AK Wien nutzen: "Auf diesen Flächen kann man einige Jahre lang jeweils 2000 geförderte Wohnungen errichten." Die Idee funktioniere aber auch sehr gut im privaten Bereich, vorausgesetzt man schaffe dort eine Sozialverpflichtung für ein Drittel dieser Wohnungen. Denn reichlich Potenzial gäbe es mit rund 23.000 Wohnungen auch bei noch nicht ausgebauten Dachgeschoßen in Gründerzeithäusern.

Damit ist die Position der AK gar nicht so viel anders als die der WKÖ, die vor wenigen Tagen bei der Präsentation des aktuellen Immobilienpreisspiegels ebenso stark für Nachverdichtung plädierte. Wiens Fachgruppenobmann Michael Pisecky sah gar ein Potenzial von 130.000 Wohnungen, allerdings auf den Dächern oder Gründen von Wiener Wohnen.

Vorhandene Infrastruktur

Nachverdichtung wäre auch eine Lösung für ein Problem, das Michaela Trojan vom Wohnfonds Wien ansprach: "Man muss sich auf jene Flächen konzentrieren, die noch Entwicklungsgebiet sind, was in Wien immer schwieriger wird." Ein Grund: 50 Prozent sollen Grünraum bleiben. Ein Plus: Die Infrastruktur ist schon vorhanden. Gerlind Weber von der Boku rechnete vor: "Ein Kilometer Gemeindestraße kostet in der Errichtung 1,2 Millionen Euro." Dieses Geld kann man mit Nachverdichtung sparen.

Laut Josef Ostermayer von der Sozialbau AG hat der Gemeinderat der Stadt Wien vor kurzem beschlossen, dass der Preis mit 300 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche limitiert ist, wenn die Stadt Liegenschaften für geförderten Wohnbau verkauft. "Für den Fall, dass Baurechte eingeräumt oder verlängert werden, sind ebenso entsprechende Preisfestlegungen erfolgt." Viele Baurechte, die die Stadt in der Vergangenheit eingeräumt hat, würden bald auslaufen. Durch die erwähnte Regelung sei dort Nachverdichtung möglich.

Unterschiedliche Erfahrungen mit Aufstockungen

Höchst unterschiedliche Erfahrungen mit Nachverdichtungen gibt es in den Bundesländern. "Wir übergeben Ende Juni eine Aufstockung in Innsbruck: 88 Wohnungen unten, 32 wurden darüber gebaut. Das war aber unsere erste und letzte Aufstockung", sagte Gerda Maria Embacher, Leiterin der Stabsstelle Sonderprojekte von der Neuen Heimat Tirol. Das innerstädtische Projekt sei nicht einfach gewesen, es gab etwa Probleme, die von der Behörde verlangten Parkplätze nachzuweisen. Man setze eher auf Neubau, wie etwa in Schwaz, wo das erste Projekt im Fünf-Euro-Wohnbau realisiert wurde: 18 Wohneinheiten mit Bruttomieten von 4,98 Euro je Quadratmeter.

Wolfgang Schön, Vorsitzender der Geschäftsführung der WAG Linz, brachte positive Beispiele. Der Stadtteil mit 2600 Wohnungen in Linz-Oed soll um zehn Prozent an neuen Wohneinheiten wachsen – durch Abriss und Neubau eines Einkaufszentrums mit 147 Wohnungen obenauf und weiteren 100 neuen Dachgeschoßwohnungen in der Umgebung. In einem Pilotprojekt in Linz-Bindermichl entstanden rund 50 neue Wohnungen zusätzlich zu 150 vorhandenen aus den 40er-Jahren – mit Liften und privaten Freiflächen. "Die Kommunen sollen die Gewinnung von Bauland im Bestand fördern – natürlich immer im Einklang mit den Bewohnerinteressen", appellierte Schön.

Viel Potenzial auch in Wien

Noch ein Beispiel aus Wien: Die Einheiten in den Großwohnungsanlagen aus den 1970er- und 1980er-Jahren sind oft zu groß. Ritt ortet hier eine Chance für den Bau zusätzlicher altersgerechter Wohnungen mit größerer Energieeffizienz, Liften oder kleiner Gemeinschaftspraxis im Erdgeschoß. "Diese kleineren, billigeren Einheiten kann man zum Tausch anbieten und so größere Wohnungen für Familien freibekommen." Allerdings gäbe es eine Menge teilweise berechtigter Ängste bei Nachverdichtungen, so Ritt. Das müsse man ernst nehmen, die vorhandenen Bewohner einbinden und sich fragen: Was haben sie davon? (Marietta Adenberger, 18.6.2018)