Inmitten der Wohnanlage, die die Sozialbau auf dem Gelände der ehemaligen General-Körner-Kaserne in Wien-Penzing errichtet, wird ein öffentlicher Park angelegt, den der Bezirk verwalten wird.

Foto: Driendl Architects

Die alte Tegetthoff-Kaserne in der Kuchelau in Wien-Döbling ist nun ein Platz für Luxuswohnungen.

Foto: Hertha Hurnaus

Ein graffitigesprayter Clown mit roter Nase und Melone am Kopf. Willkommen in Schlauberg, verrät eine 12 Quadratmeter große Gewista-Tafel. Und im September, kann man auf einem der affichierten Konzertplakate lesen, singt Helene Fischer in der Stadthalle, und das an gleich zwei Tagen hintereinander.

Noch versteckt sich die General-Körner-Kaserne in Wien-Penzing hinter einer rund 600 Meter langen Ziegelmauer, die sich im Osten, Norden und Westen um das riesig große, mit ausgewachsenen Bäumen reich bestückte Grundstück schmiegt. Doch schon in den nächsten Jahren soll ein Teil des Areals, das nur wenige Schritte von der S-Bahn-Station Breitensee entfernt ist, umgenutzt werden. Auf insgesamt 4,1 Hektar entstehen rund 900 Wohnungen sowie ein öffentlich zugänglicher Park.

"Die Besonderheit an diesem Areal ist der Baumbestand", sagt Andrea Steiner, Projektentwicklerin bei der Sozialbau AG, die das Projektgebiet der oberösterreichischen CC Wien Invest GmbH abgekauft hat. Diese hatte das Grundstück 2015 von der für Kasernenverkauf zuständigen Verwertungsgesellschaft Sivbeg erworben. "Die vielen alten Bäume zeichnen die Qualität dieser Liegenschaft aus, aber sie sind auch eine logistische Herausforderung, denn sowohl in der Planung als auch in der Bauphase werden wir damit sorgfältig umgehen müssen."

Behutsam mit Bäumen

Anders als bei bisherigen Greenfield- und Brownfield-Projekten wurde in der städtebaulichen Ausschreibung, die im November 2016 entschieden wurde, nicht nur generell auf den behutsamen Umgang mit dem Baumbestand hingewiesen. Hier hat das Wiener Landschaftsplanungsbüro Auböck+ Kárász mit dem Landschaftsgärtner ArborCura jeden einzelnen Baum kartografisch festgehalten, zustands- und typusbedingte Wertigkeiten definiert und damit bereits Möglichkeitsräume und planerische No-go-Areas definiert.

"Oft sind städtebauliche Ausschreibungen schwammig und vage formuliert, doch in diesem Fall waren die Kriterien klar und transparent strukturiert", sagt der aus dem Wettbewerb als Sieger hervorgegangene Wiener Architekt Georg Driendl. "Wir haben unser Projekt um die Bäume herum geplant und darauf geachtet, dass zwischen dem Kasernenaltbau, der heute als Verwaltungsgebäude genutzt wird, und den neu zu errichtenden Wohnbauten ein Respektabstand mit einem Baumschleier als Filter entsteht." In der Mitte des Grundstücks wird ein öffentlicher Park mit Sitzgelegenheiten angelegt, den der Bezirk eigenhändig verwalten wird.

Ein Drittel Smart-Wohnungen

Um besagte grüne Mitte möglichst frei zu halten und die geplante Ausnutzung im Ausmaß von rund 90.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche dennoch unterzubringen, weist ein Teil der insgesamt sieben Bauplätze bis zu zehn Geschoße auf. Hinzu kommt eine sehr dichte, kompakte Bauweise mit Trakttiefen von bis zu 20 Metern. Rund 60 Prozent aller Wohnungen werden mit Förderung im Baurecht errichtet und teilen sich auf die gemeinnützigen Bauträger WBV-GPA, Heimbau-Eisenhof, Neue Heimat Gewog sowie auf die Sozialbau-Tochter Volksbau auf. Ein Drittel davon entfällt – wie es die Wohnbauförderung vorsieht – auf klein geschnittene Smart-Wohnungen. Hinzu kommen rund 350 freifinanzierte Miet- und Eigentumswohnungen, die die ÖSW-Gruppe mit ihrem Tochterunternehmen Immo 360° errichten wird. Das kolportierte Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf 150 bis 160 Millionen Euro.

"Der Wohnungsmix wird sehr klassisch sein, wir rechnen mit einer durchschnittlichen Wohnungsgröße um die 70 Quadratmeter", erklärt Sozialbau-Entwicklerin Steiner. Etwas anders hingegen fällt die Gewichtung bei der gemeinnützigen Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (WBV-GPA) aus: "Aus den Anfragen der letzten Monate wissen wir, dass es in diesem Teil Wiens ein großes Interesse an größeren Wohnungen gibt", betont WBV-Geschäftsführer Michael Gehbauer. "Aus diesem Grund werden wir in unserem Bauteil 25 bis 30 Prozent aller Einheiten als Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen ausführen."

Hinzu kommen – wie im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags mit der Stadt Wien ausverhandelt – übergeordnete Einrichtungen wie Nahversorger und ein Kindergarten. Auch die öffentliche Durchwegung des Areals ist vertraglich fixiert. "Wo seit Errichtung der Kaserne im Jahr 1898 eine Mauer war, brechen wir die urbane Barriere erstmals auf und öffnen den wunderschönen Park für die Bevölkerung", sagt Gehbauer. Der Baubeginn ist für Ende 2019 geplant. Im Sommer 2021 sollen die ersten Bewohner einziehen.

Kasernen im ganzen Land

Es ist nicht das erste Mal, dass ein ehemaliges Militärareal dem Wohnen zugeführt wird. Seitdem die 2005 gegründete und mittlerweile aufgelöste Sivbeg mit dem Verkauf leerstehender Kasernen begonnen hatte, haben immer mehr Bauträger den Reiz der grünen Fläche entdeckt. Auf dem Areal der ehemaligen Wilhelmskaserne in der Vorgartenstraße befinden sich heute 450 Wohnungen. Wo in Wien-Nussdorf einst die Tegetthoff-Marinekaserne stand, hat das ÖSW 71 freifinanzierte Eigentumswohnungen errichtet. Und vor erst drei Monaten wurden in der ehemaligen Biedermann-Huth-Raschke-Kaserne in Wien-Penzing – ein Kooperationsprojekt von Familienwohnbau, Wiener Heim und Österreichischem Siedlungswerk (ÖSW) – 75 Wohnungen übergeben. "Im Gegensatz zu alten Remisen, die alle im städtischen Gefüge stehen, sind Kasernenareale über das gesamte Land verteilt", sagt ÖSW-Chef Michael Pech. "Jede Kaserne ist einzigartig. Das macht die Aufgabe auch so spannend."

Das bisher größte Kasernenentwicklungsgebiet liegt in Ebelsberg im Süden von Linz. Dort werden die gemeinnützigen Bauträger Giwog, WAG und Neue Heimat Oberösterreich in der Hiller-Kaserne sowie auf den angrenzenden Sommergründen – das Gesamtareal entspricht einer Fläche von fast 50 Fußballfeldern – bis 2030 rund 3500 Wohnungen mit der dazu nötigen städtischen Infrastruktur errichten. Das gesamte Projekt wird laut Robert Oberleitner, Geschäftsführer der Neuen Heimat OÖ, und WAG-Chef Wolfgang Schön als kooperatives Verfahren abgewickelt. Eine Premiere in Oberösterreich. So wie übrigens auch die geplante Seilbahn, die das neue Stadtgebiet ans Voestalpine-Industriegelände anbinden wird. (Wojciech Czaja, 14.6.2018)