Die Moschee in Wien-Favoriten, die laut Regierung unter Einfluss der Grauen Wölfe steht, darf wieder aufsperren.

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Wien – Die seit vergangenem Freitag geschlossene Moschee in Wien-Favoriten könnte bald wieder ihre Pforten öffnen. Die türkis-blaue Bundesregierung hatte zwar in den Raum gestellt, dass es sich um eine Moschee der Grauen Wölfe – also türkischer Rechtsextremer – handelt, der Betrieb wurde ihr allerdings lediglich mit der Begründung untersagt, dass sie "illegal" unterhalten werde. Das wiederum liegt schlicht daran, dass die formale Gründung einer Moscheegemeinde noch ausstand.

Wie DER STANDARD nun erfahren hat, soll ein entsprechendes Ansuchen seitens der Moscheebetreiber bereits seit April bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) liegen – es sei jedoch nie an das Kultusamt weitergeleitet worden. Rechtlich ist für den Betrieb einer Moschee bloß notwendig, bei der IGGÖ darum anzusuchen – diese prüft die Gründungsunterlagen, und wenn alles passt, wird das Papier dem Kultusamt übermittelt. Die Einschätzung obliegt der Glaubensgemeinschaft, mit Eingang beim Kultusamt kann eine Moschee ihren Betrieb aufnehmen.

Blümel fehlt eine Unterschrift

Abdi Tasdögen, Vizepräsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, bestätigt im Gespräch mit dem STANDARD, dass dieser Vorgang nun abgeschlossen und ein entsprechendes, von ihm persönlich unterzeichnetes Dokument gestern um 18 Uhr im Büro von Gernot Blümel (ÖVP), Kanzleramtsminister und Leiter des Kultusamtes, elektronisch eingegangen sei. Er war deshalb davon ausgegangen, dass die Moschee ihren Betrieb nun wiederaufnehmen dürfe.

Eine Sprecherin von Blümel erklärte jedoch am Mittwochnachmittag, dass derzeit eine Klarstellung ausgearbeitet werde, dass die Moschee "nicht rechtskonform" wiedergeöffnet werden könne. Der Grund: IGGÖ-Vizepräsident Tasdögen hat das Schreiben unterzeichnet, notwendig sei laut Kultusamt aber die Unterschrift des "obersten Organs", also von IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun. Er war für den STANDARD vorerst nicht erreichbar.

Sechs weitere Moscheen

Innerhalb der Islamischen Glaubensgemeinschaft tobt seit der Verkündungen der Regierung, Moscheen zu schließen und Imame auszuweisen, ein offener Machtkampf. Tasdögen hatte Olgun zum Rücktritt aufgefordert, da er mit dem Kultusamt zusammengearbeitet haben soll, ohne den Obersten Rat der Glaubensgemeinschaft einzubinden. Noch diese Woche soll deshalb der Schurarat – quasi das Parlament der IGGÖ, wie Tasdögen es nennt – einberufen werden.

Ob die sechs weiteren Moscheen, die die Regierung sperren lassen wollte, geschlossen wurden, kann Tasdögen nicht beantworten. Der Arabischen Kultusgemeinde, die diese Gebetshäuser betreibt, wurde nun jedenfalls ein Auflösungsbescheid zugestellt. Zuvor hatte der Verein lediglich durch die Pressekonferenz der Koalitionäre davon gewusst, dass er nicht weiterbestehen dürfe.

Kultusgemeinde will gegen Bescheid vorgehen

Türkis-Blau begründet den Schritt mit "salafistischen Äußerungen" von "Vertretern einer Moscheeeinrichtung" der Kultusgemeinde. Die will sich wehren und wird gegen den Bescheid nun vorgehen. Tasdögen, der in der Glaubensgemeinschaft einer türkischen Fraktion angehört, stellt sich hinter den arabischen Verein: "Die sind nie negativ aufgefallen." Es stünde den Betreibern der sechs Gebetshäuser aber selbst bei Auflösung der Kultusgemeinde offen, bei der IGGÖ um Moscheegemeinden anzusuchen und somit den Betrieb aufrechtzuerhalten. (Katharina Mittelstaedt, 13.6.2018)

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