Palermo/Kecskemet/Parndorf – Die Videosimulation "Untitled (near Parndorf, Austria)" des irischen Künstlers John Gerrard ist das einzige Kunstwerk im Hauptprojekt der diesjährigen Manifesta, das einen Österreich-Bezug hat. Gerrard verweist darin auf die 71 toten Flüchtlinge in einem geparkten LKW. Der Künstler zeigte sich am Donnerstagabend überzeugt, dass seine Arbeit auch bald in Österreich gezeigt werde.

"Untitled (near Parndorf, Austria)" ist ab Samstag auf der Kunstbiennale in Palermo zu sehen. "Das ist ein Stück über Verlust und es fordert die österreichische Öffentlichkeit auf, sich in einer emotionalen Weise daran zu erinnern", sagte der in Dublin lebende Autor der Videosimulation. Die Produktion der Videoarbeit wurde in Wien vom Verein zur Förderung zeitgenössischer Kunst "Phileas" unterstützt.

Formal besteht die Videosimulation, die auf eine quadratische Projektionsfläche ausgelegt ist, aus einer endlosen Kamerafahrt, die lediglich ein kurzes Straßenstück, jedoch keinen Verkehr und auch keine Menschen zeigt. Die digitale Machart, die etwa für bewegungslose Blätter auf den Bäumen im Hintergrund sorgt, mutet bisweilen gespenstisch an. Ohne Wissen über den konkreten Vorfall bleiben die Bezüge freilich rätselhaft, der Ire nennt im Video auch bewusst keine Namen von Todesopfern.

4.000 Fotos vom Fundort

Er sei im August 2015 in Österreich gewesen und zwei Tage nach dem Bekanntwerden der Tragödie nach Parndorf gefahren, erzählte Gerrard im Gespräch. Innerhalb weniger Stunden habe er am Fundort des damals bereits abtransportierten Lastwagen etwa 3.000 bis 4.000 Fotografien gemacht, mit denen er sich 2017 nach einer dementsprechenden Einladung durch die Manifesta wieder beschäftigt habe. "Als ich mir dann die Bilder noch einmal ansah, fand ich diese Markierungen am bemerkenswertesten – das war eine markierte Leere", sagte er. Die Fotos und auch die aus den Fotos errechnete Videosimulation zeigt rote und weiße Markierungen am Asphalt, die zumindest in den letzten Augusttagen von 2015 die genaue Lage des mit den Leichen zurückgelassenen LKWs dokumentierte.

Dass ein ungarisches Gericht am Donnerstag vier Hauptangeklagte zu langjährigen Haftstrafen verurteilt habe, erachtete Gerrard als positiv. Jedoch liege die Verantwortung nicht nur bei jenen, die die Flüchtlinge transportiert hätten, sagte der Künstler. "Es gibt breitere Fragen von politischer und gesellschaftlicher Verantwortung, die offen sind", betonte er.

An politischen Diskussionen in Österreich beklagte er, dass sich viele Gespräche darauf konzentrierten, was Flüchtlinge nehmen würde und nicht darauf, welche Beiträge sie in den jeweiligen Gesellschaften leisten könnten. "Ich denke, dass man es Politikern nicht erlauben sollte, Macht dadurch zu gewinnen, indem sie andere verunglimpfen", erklärte er. Seine Arbeit werde nach der Manifesta an ein noch zu bestimmendes österreichisches Museum gehen, sagte John Gerrard, der sich selbst eine Projektion in Österreichs öffentlichem Raum wünschen würde. (APA, 15.6.2018)