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Wien – Laut einer Erhebung im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) nehmen 23 Prozent der Schulkinder Nachhilfe in Anspruch. In absoluten Zahlen sind das 264.000 Kinder (2017: 226.000). Gleichzeitig hat sich die Struktur der Nachhilfe verändert: Immer mehr nehmen diese punktuell für Tests und Prüfungen in Anspruch.

Für die Studie wurden von Ifes im März und April rund 3.300 Haushalte mit 5.000 Schulkindern befragt. Demnach bekommen hochgerechnet rund 39.000 Kinder bzw. vier Prozent aller Schüler trotz Bedarfs keine externe Nachhilfe. Insgesamt 23 Prozent der Kinder greifen auf Nachhilfe zurück – entweder auf kostenlose durch Nachbarn, Freunde etc. (zehn Prozent) oder bezahlte (15 Prozent) bzw. beide Formen.

Gestiegener Bedarf in der Volksschule

Besonders stark angestiegen ist der Anteil der Volksschulkinder, die Nachhilfe bekommen – er hat sich gegenüber dem Vorjahr auf 14 Prozent mehr als verdoppelt. AK-Bildungsexpertin Elke Larcher führte dies bei einer Pressekonferenz am Freitag auf Ankündigungen im Regierungsprogramm zu Änderungen bei der AHS-Aufnahme und verpflichtender Ziffernnotengebung zurück.

Stark zugenommen hat in allen Schulformen vor allem das Zurückgreifen auf kostenlose Nachhilfe. Der Prozentsatz der Schüler, die bezahlte Nachhilfe in Anspruch nehmen, stagnierte dagegen fast. Gleichzeitig verlagerte sich bei dieser der Schwerpunkt von Lerninstituten auf Studenten und Lehrer. Außerdem wurde weniger kontinuierlich über das gesamte Schuljahr zusätzlich gepaukt, sondern eher schwerpunktmäßig vor Prüfungen, Schularbeiten und Tests. Das hat zumindest die Geldbörse der Eltern etwas entlastet: Im Schnitt wurden pro Kind mit Nachhilfe im heurigen Schuljahr 640 Euro ausgegeben (2017: 710 Euro). Im Endergebnis stagnierten damit die Gesamt-Nachhilfekosten in Österreich bei mindestens 94 Mio. Euro.

Weniger Nachhilfebedarf in Ganztagsschulen

Zusätzlich zur externen Nachhilfe stehen die Eltern beim Lernen auf Abruf. Insgesamt 72 Prozent der Schulkinder (704.000) lernen neben der Schule mit ihren Eltern: Bei 25 Prozent aller Schulkinder ist dies täglich der Fall, bei weiteren 20 Prozent zwei bis dreimal pro Woche, bei 13 Prozent einmal pro Woche, bei 15 Prozent seltener. Am höchsten ist dabei der Anteil an den Volksschulen, wo 89 Prozent der Kinder mit ihren Eltern lernen (44 Prozent täglich), und an den Neuen Mittelschulen mit 84 Prozent (26 Prozent täglich).

Gleichzeitig könne aber Nachhilfe durch bildungspolitische Maßnahmen zurückgedrängt werden, betont Larcher. So liege der Nachhilfebedarf an verschränkten Ganztagsschulen geringer, gleiches gelte für Schulen, die regelmäßigen Förderunterricht anbieten.

Dementsprechend fordert die AK einen beschleunigten Ausbau von Ganztagsschulen mit einem Fokus auf die verschränkten Form mit Wechsel aus Unterricht, Freizeit und Lernzeit. Außerdem müsse der Besuch einer Ganztagsschule beitragsfrei werden, so AK-Präsidentin Renate Anderl. Bei den Schulen brauche es außerdem einen Bewusstseinswandel. Derzeit gebe man oft den Eltern die Schuld, wenn ihre Kinder den Anschluss in den Schule verpassen. "Die Schulen sollen die Verantwortung für den Lernerfolg der Kinder auf sich nehmen." (APA, 15.6.2018)