Nicht erst seit dem Eklat auf dem G7-Gipfel, den Donald Trump per Tweet platzen ließ, halten Europäer ihn für den schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten – und zahlreiche Amerikaner, vielleicht sogar die Mehrheit, stimmen ihnen zu. Daran dürfte auch das zum Triumph erklärte Treffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un nichts ändern.

Aber ein gar nicht so kleiner harter Kern von Anhängern steht weiter zu Donald Trump, darunter fast alle Wählerinnen und Wähler, die sich als Republikaner deklarieren. Seit seinem Amtsantritt hält sich Trumps Popularität bei rund 40 Prozent – und ist seit Jahresanfang tendenziell gestiegen.

Das ist nicht viel weniger, als Barack Obama in dieser Phase seiner Präsidentschaft vorweisen konnte. Wie kann das sein, fragen viele, die Trump für inkompetent, korrupt und gefährlich halten. Hier folgen zehn Gründe, warum der US-Präsident von fast der Hälfte der Amerikaner für einen guten, teils sogar großartigen Staatschef gehalten wird.

1. Der Wirtschaft geht es gut

Die US-Wirtschaft wächst seit Trumps Amtsantritt kräftig, die Arbeitslosenquote ist auf dem tiefsten Stand seit 18 Jahren. Der Aufschwung wurde bereits unter Obama eingeleitet, aber Trump hat nichts getan, um ihn abzuwürgen. Die im Dezember beschlossenen Steuersenkungen wirken sich zumindest kurzfristig positiv aus, auch wenn Ökonomen der prognostizierte Anstieg der Haushaltsdefizite Sorgen macht.

Er wird gehasst und geliebt – das Letztere vor allem von weißen Wählern mit geringer Bildung. Die Republikanische Partei steht geschlossen hinter Donald Trump. Die Kritiker geben auf.
Foto: APA / AFP / Nicholas Kamm

Auch vom starken Aktienmarkt profitieren Millionen Amerikaner. Wenn es den Menschen finanziell besser geht, dann mögen sie die Regierung etwas mehr. Wer für Trump nur Verachtung übrig hat, wird auch durch ein paar Dollar mehr in der Tasche nicht umgestimmt. Unschlüssige Wähler aber sehen ihn dann in einem besseren Licht.

2. Wirtschaftliche Interessen

Amerikas Industriekapitäne lieben Trump. Er hat gemeinsam mit den Republikanern im Kongress mit der Steuerreform die Unternehmenssteuern stark gesenkt, er lockert Umwelt- und andere Regulierungen, und viele begrüßen den Protektionismus.

Zuletzt wurden die nach der Finanzkrise beschlossene strikte Regulierung für kleinere Banken gelockert. Langfristig kann all dies der Umwelt, dem Wachstum und der Finanzstabilität schaden, aber im Augenblick ist Trump für viele Unternehmen wie ein Weihnachtsmann. Sie danken es ihm mit mehr Investitionen.

3. Die konservative Agenda

Einst hat Trump auch liberale Meinungen vertreten, doch als Präsident ist er ein Vorkämpfer für alle Positionen, die rechte Republikaner immer schon durchsetzen wollten – für ein Verbot der Abtreibung, laxe Waffengesetze und strenge Strafverfolgung, gegen Klimaschutz und Feminismus.

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Anlässlich des Jubiläums von Trumps Inauguration protestieren Demonstranten gegen seine Haltung gegenüber Abtreibung, Gesundheitsreform und Immigration.
Foto: AP / Jay Janner / Austin American-Statesman

Deshalb wird er auch von fundamentalistischen Christen verehrt – trotz seines lockeren Lebenswandels. Von ihm erhoffen sie sich vor allem die Ernennung erzkonservativer Richter. Damit kann Trump die Rechtsprechung auf Jahrzehnte mitbestimmen.

4. Härte gegen Einwanderer

Zum Auftakt seiner Kandidatur 2015 wetterte Trump gegen "Drogen, Verbrecher und Vergewaltiger" aus Mexiko und versprach den Bau einer Mauer. Auch heute ist Härte gegen Einwanderer sein Markenzeichen und das zentrale Anliegen seiner Fans.

Obwohl die USA von Einwanderung fast immer profitiert haben, viele Wirtschaftszweige von illegalen Einwanderern abhängig sind und immer weniger Migranten über die Grenze kommen, birgt das Thema ähnlich viel emotionalen Sprengstoff wie in Europa. Für eine große Minderheit ist es ein Grund, eisern zu Trump zu stehen.

5. Er spielt mit Rassismus

Die meisten Anhänger Trumps sind weiße Wähler ohne Uni-Abschluss. In dieser Gruppe ist Rassismus weitverbreitet, verbunden mit dem Gefühl, dass die Weißen Verlierer und Opfer sind. Trump weiß das.

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Weiße Nationalisten stellten sich im Sommer 2017 der Polizei entgegen.
Foto: AP / Steve Helber

Als er marschierende Rechtsextremisten in Charlottesville verteidigte, ging er für viele zwar etwas zu weit, aber seine massive Kritik an der "Black Lives Matter"-Bewegung oder jenen schwarzen Footballspielern, die beim Spielen der Nationalhymne aus Protest gegen Rassismus knien, kommt gut an.

6. Er steht für Patriotismus

Amerikaner sind große Patrioten. 85 Prozent halten laut Pew Research die USA für die größte oder eine der größten Nationen der Welt, und viele befürchten den Niedergang. Trumps "Make America great again" kam daher von Anfang an gut an, ebenso sein ruppiger Umgang mit anderen Staaten.

Internationale Verträge und Organisationen, die die US-Souveränität einschränken, sind nicht sehr populär. Wenn Trump Bündnispartner brüskiert, geht er bei seinen Wählern kein Risiko ein.

7. Er sagt, was andere denken

Trumps direkte, oft rohe Sprache in Reden und in Tweets folgt dem Muster anderer Rechtspopulisten: Er pfeift auf Manieren, redet nicht um den heißen Brei herum und spricht in ganz einfachen Sätzen die Dinge aus, die sich Durchschnittsbürger oft denken. Das ist sein größtes politisches Talent.

8. Er bricht Konventionen

Trump ist anders als andere Politiker, und weil man die nicht mag, kommt er mit seiner unkonventionellen, oft skandalösen Art bei vielen gut an. Daher verzeihen sie ihm auch plötzliche Kehrtwendungen, Unwahrheiten, Korruption und Skandale. Die üblichen Maßstäbe, die an Politiker gelegt werden, zählen für ihn nicht.

9. Er schafft alternative Fakten

Wenn man eine Lüge oft genug wiederholt, wird sie irgendwann zur Wahrheit. Diese Methode hat Trump perfektioniert. Er schafft täglich "alternative Fakten", wie es eine Beraterin nannte.

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Trump diskreditierte den Russland-Ermittler Robert Mueller.
Foto: AP / J. Scott Applewhite

So gelingt es ihm, den republikanischen Russland-Ermittler Robert Mueller als rachsüchtigen Demokraten zu diskreditieren. Rechte Medien, allen voran Fox News, machen mit, die anderen sind bloß "Fake-News".

10. Die Partei steht hinter ihm

Gab es im Wahlkampf 2016 noch "Never Trumper", so stehen die Republikaner heute geschlossen hinter ihm. Kritiker verlassen die Politik oder verlieren die Vorwahlen, denn die Parteibasis liebt Trump. Die anderen applaudieren bei jedem noch so verrückten Schritt oder schweigen.

Und weil ihn im eigenen Lager niemand mehr kritisiert, wird er dort immer beliebter. Historisch gesehen reichen 43 Prozent für die Wiederwahl eines Präsidenten nicht; bei Trump ist es 2020 vorstellbar. (Eric Frey, 16.6.2018)