Ok cool. Billy Idol gastierte in Nickelsdorf.

Foto: APA/Herbert P Oczeret

Die 80er-Jahre-Ikone fand gesanglich nur schwer zu seiner Form.

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Die deutsche Punkrockband Wizo hat sich 2009 und 2015 neu formiert.

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Nickelsdorf – Es ist schon erstaunlich, zu welch fantasievollen Interessengruppen sich Menschen mitunter zusammenschließen: Es gibt Bibelkreise, Tupperware-Cliquen, Jagdgesellschaften und Männerchöre. Aber auch: Billy-Idol-Fanclubs. Letztere hatten am Samstag beim diesjährigen Nova Rock Festival in Nickelsdorf bereits am Nachmittag die erste Reihe fußfrei in Beschlag genommen.

Ihr Idol sollte zwar erst Stunden später auf der Bühne stehen, aber solcherart Fan agiert in der Regel höchst professionell: Man hat die Haare wasserstoffblond wie Idol, man trägt Ohrringe wie Idol, man steht auf Plateauschuhen wie irgendwann einmal Idol, man schaut drein wie Idol, man hat den Idol aufs Wadl tattowiert. Und man hat sicher ein paar Kilo mehr als Idol. Aber dazu später.

Denn zuerst jubelten die Idols unverhofft noch der Rockband The Last Internationale zu. Dort schaut man nicht aus wie Idol, sondern wie Janis Joplin und Jim Morrison. Man streckt sich auch nicht nach den 80ern, sondern nach den 68ern. Man predigt freie Liebe und Antikapitalismus und ist dabei unheimlich fesch. Sängerin Delila Paz hat tatsächlich auch eine Stimme wie Janis Joplin. Die Idee, etwas von den alten Rebellen und ihrer Musik ins 21. Jahrhundert herüberzuretten, kam ihr beim Politikwissenschaftsstudium.

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Die Protagonisten von Wizo denken ähnlich. Sie haben das aber vielmehr aus dem realen Leben als auf der Uni gelernt. Weswegen die Texte der Stuttgarter Punkrockband auch um einiges expliziter ausfallen. 1986 gegründet und 2005 nach großen Erfolgen aufgelöst, versucht man seit 2009 einen Neuanfang. Von der Originalbesetzung ist nur noch Sänger Axel Kurth übrig. Das reicht aber.

Das Nova-Rock-Publikum ließ sich gerne ein auf alte wie neue Hymnen, vom Pipi-Langstrumpf-Cover ("Die einzig wahre Anarchistin") über das einstige Skandallied "Kein Gerede" ("Strommast sägen, Bomben legen...") bis hin zur Kult-Zugabe "Die letzte Sau". Da geht es in satirisch überzeichneter Punkmanier um den vor der Schließung stehenden Schlachthof einer Kleinstadt.

Bizeps und Flamenco

Womit wir wieder bei Billy Idol wären. Der große Schlagerpunker machte am Samstag Schlussdienst, drei Gitarristen hatte er um sich geschart. Einer sieht aus wie Alice Cooper (Steve Stevens), ein anderer wie Mickey Rourke, ein dritter wie Jürgen Klinsmann. Nur Billy Idol ist Billy Idol. Spätgeborene kennen ihn aus RTL-Sendungen wie "Die Megahits der 80er" und aus dem Radio, ohne dass sie davon wüssten. So wirklich anknüpfen konnte Idol an jene besten Jahre, an die er sich selbst wohl schwer erinnern kann, nie mehr.

Körperlich hält sich der 62-Jährige dennoch wacker. Stolz präsentierte er etwa seine Bizepse. Gesanglich kam er in den Pannonischen Feldern aber nur schwer auf Touren. Die Show plätscherte dahin. Gitarrist Stevens muss das erkannt haben. Er versenkte sich in einem Flamenco-Solo, das er gefühlt 14 mal von vorne anfing. Variation, klar. Eh schön, aber..

Den Überhit "Hot in the City" musste man sich übrigens denken. Vielleicht hat ja noch jemand Lust auf "Hot in the Pampa" bekommen. (Stefan Weiss, 16.6.2018)