Kühl, aber nicht kalt: Jazzlegende und Saxofonist Lee Konitz.


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Wien – Wenn der Altsaxofonist Lee Konitz in den kommenden Tagen in Österreich gastiert, ist dies mehrfach bemerkenswert. Da wäre etwa das biblische Alter: Konitz wurde 1927 in Chicago geboren, im Oktober feierte er seinen 90er. Der Sohn jüdischer Immigranten mit österreichischen und russischen Wurzeln hat allerdings mehr als ein halbes Jahrhundert Jazzgeschichte nicht nur miterlebt, sondern auch mitgestaltet. Dabei, so verriet Konitz dem Autor Andy Hamilton, koppelte er sich von den jüdischen Traditionen nahezu komplett ab. Ein Grund, warum ein Plattenprojekt mit John Zorn für diesen nicht zufriedenstellend ausfiel. Zorn wollte Radical Jewish Culture, Konitz lieferte aber "nur" mehr Jazz.

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Wie auch immer, Konitz, er lauschte früh im Radio den großen Swingbands, schaffte es zum stil(mit)prägenden Musiker. "Schuld" daran war Pianist Lennie Tristano. Nicht von ungefähr spricht man von einer Lennie-Tristano-Schule, die weniger dem schwarzen Blues denn der europäischen Moderne zugeneigt war. Auch gehörte Konitz zu jenen Musikern, die mit Miles Davis das berühmte Album Birth Of The Cool, das 1957 erscheinen sollte, einspielten – eine legendäre Session.

In jenem Jahrzehnt, so die gängige Jazzgeschichtsschreibung, beherrschten zwei Stile den Jazz: der eher "schwarz" konnotierte Bebop sowie der eher "weiße" Cool Jazz. Eine allerdings zu simplifizierende Dichotomie, wie denn auch die Biografie von Konitz beweist. Nachdem Konitz in den 1960ern und 1970ern eher untergetaucht war, bemühte er sich um ein würdevolles Alterswerk. Das lässt sich jetzt auch live überprüfen, zum Quartett des Altmeisters gehören Pianist Florian Weber, Bassist Jeremy Stratton sowie der Schlagzeuger George Schuller. (Gerhard Dorfi, 18.6.2018)