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Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un (links) war bereits Anfang Mai zu Besuch beim chinesischen Staatschef Xi Jinping (rechts).

Foto: Korean Central News Agency/Korea News Service via AP

Nur 40 Minuten nachdem Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un auf dem Pekinger Flughafen gelandet war, gab die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua seinen dritten Staatsbesuch in China öffentlich bekannt. So, als ob es ein Routinebesuch sei. Xinhua meldete am Dienstag um 10 Uhr die Ankunft des Nachbarherrschers: "Der Vorsitzende der Arbeiterpartei und der Kommission für Staatsangelegenheiten besucht China vom 19. bis 20. Juni."

Ende März war Kim zuerst im Zug nach Peking gereist und dann Ende Mai in seinem Flugzeug nach Dalian im Osten Chinas gekommen, beide Male als Gast von Xi. Die strikt geheim gehaltenen Besuche wurden erst nach Kims Rückkehr nach Nordkorea offiziell bestätigt. Sie waren die ersten Treffen zwischen beiden Staatschefs seit ihrem jeweiligen Amtsantritt 2012. Nordkoreas Atomwaffen- und Raketentests hatten das Verhältnis zwischen beiden Staaten angespannt. Von Freundschaft war keine Rede mehr. China unterstützte die UN-Sanktionen gegen Nordkorea.

Geburtstagsgrüße

Das Ende der Heimlichtuerei beim dritten Kim-Besuch in China innerhalb von kaum drei Monaten ist nicht nur ein Zeichen der Normalisierung zwischen den Nachbarn. Es signalisiert auch die Rückkehr zu den Sonderbeziehungen, die zwischen den einstigen sozialistischen Verbündeten herrschten. Am Wochenende ließ Kim Staats- und Parteichef Xi zu dessen 65. Geburtstag am vergangenen Freitag mit Glückwunschbrief und Blumengebinde gratulieren. Er wünschte ihm persönlich "Gesundheit und Glück für die Familie" und lobte startegisch die wiederentstandene "besondere Freundschaft und das Vertrauen unter Genossen". Zuvor hatte Pjöngjang, um Peking zu schmeicheln, erstmals eine Sonderbriefmarke zum Treffen zwischen Kim und Xi herausgegeben.

Kim kommt, um Xi über seine erfolgreichen Abmachungen mit US-Präsident Donald Trump auf dem Singapur-Gipfel zur Denuklearisierung Nordkoreas zu informieren. Dazu gehören die vielen Zugeständnisse, die Trump Kim dabei gemacht hat. Unbeabsichtigt lieferte am Dienstag das Pentagon die Begleitmusik zum aktuellen Kim-Besuch: Das US-Verteidigungsministerium sagte die im August mit Südkorea geplanten Manöver ab. Es erfüllte damit ein Versprechen, das der US-Präsident Kim in Singapur gemacht hatte. Trump hatte die Manöver sogar zur Freude Pekings und Pjöngjangs "provozierende Kriegsspiele" genannt. Er signalisierte zudem Bereitschaft, über einen Abzug der 28.500 US-Soldaten aus Südkorea nachzudenken. Seit Jahrzehnten hatte China ebenso wie Nordkorea vergeblich Forderungen an die USA gestellt, sich militärisch aus Ostasien zurückzuziehen.

Vorzeitige Sanktionslockerungen möglich

Nordkorea erwartet nun wieder mehr Wirtschaftshilfe von China, das über seine 1.420 Kilometer lange Landgrenze vor Beginn der UN-Sanktionen mit 93 Prozent Anteil der wichtigste Handelspartner und Energielieferant Nordkoreas war. Vergangene Woche besuchte US-Außenminister Mike Pompeo Chinas Führung, um sie aus US-Warte über den Singapur-Gipfel zu informieren. Er versuchte dabei vergeblich eine öffentliche Bestätigung von seinem Amtskollegen Wang Yi und Chinas Präsident Xi zu erhalten, dass Peking nicht vorzeitig seine Sanktionen gegen Nordkorea lockern wird.

Gute Karten haben die USA derzeit in Peking nicht. Dienstagfrüh twitterte Trump, er wolle seine angekündigten Strafzölle im Wert von 50 Milliarden Dollar auf chinesische Technogieexporte in die USA verschärfen, nachdem China mit Gegenzöllen auf US-Importe reagiert hat. Trump kündigte die Aufstellung einer erweiterten Liste mit zehnprozentigen Strafzöllen an, die er auf chinesische Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar erheben lassen will. Chinas Handelsministerium drohte mit "starken und umfassenden Gegenmaßnahmen" und warnte vor dem "Handelskrieg", den Trump anzetteln wolle. Die Eskalation festigt auch den neuen strategischen Schulterschluss zwischen Peking und Pjöngjang. (Johnny Erling aus Peking, 19.6.2018)