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Sportreporterin Claudia Neumann sah sich im Netz einem regelrechten Shitstorm ausgesetzt.

Foto: dpa / Rainer Jensen

Berlin – Claudia Neumann ist die einzige Frau unter den deutschen WM-TV-Kommentatoren und bekommt deutlich zu spüren, dass das einigen Fußballfans nicht passt. Auf Facebook und Twitter häufen sich Beleidigungen, Anfeindungen und sogar Hasskommentare gegen die 54-Jährige. Sie sei "wahnsinnig unangenehm", ihre Stimme tue "in den Ohren weh", lauteten die harmloseren Kommentare.

Das ZDF löschte zahlreiche Kommentare in den sozialen Netzwerken und schrieb: "Wir lesen Eure Kommentare hier alle, wir nehmen sachliche Kritik ernst und geben sie der Redaktion weiter. Wir haben hier allerdings eine Netiquette, und wer in seinem Post mit Schimpfwörtern um sich wirft, muss damit rechnen, dass wir seinen Kommentar löschen. Eine Meinung kann man auch sachlich ausdrücken."

ZDF-Sportchef: "Das ist unterste Schublade"

Nach der Anhäufung an sexistischen Kommentaren im Internet konnte auch ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann seinen Ärger nicht mehr zurückhalten und sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir akzeptieren natürlich Kritik, auch bei den Kommentatoren – was aber bei Claudia Neumann passiert, sprengt alle Grenzen." Und weiter: "Hier wird offensichtlich etwas Grundsätzliches berührt: Eine Frau kommentiert ein Spiel der Männer-WM. Manche drehen da im Netz völlig durch, das ist unterste Schublade."

Auch aus dem Kollegenkreis erhielt Neumann Rückendeckung, und neben den zahlreichen negativen Kommentaren fanden sich auch im Netz einige Unterstützer für die Kommentatorin.

Verwechselte Spielernamen

Am Dienstag kommentierte Neumann ihr drittes Spiel bei der WM in Russland, den 2:1-Sieg der Japaner gegen Kolumbien. Dabei verwechselte sie im Live-Kommentar mehrfach Spielernamen. Dazu sagte Fuhrmann: "Die Kollegin hat ein hohes Fachwissen und macht einen guten Job bei der Fußball-WM." Dass ihr auch einmal Fehler – wie die Verwechslung eines japanischen Spielers – unterlaufen, gehöre wie bei den männlichen Kollegen zum Job.

Bereits während der Fußball-EM vor zwei Jahren hatte es viel Kritik für Neumann gegeben, die als erste Frau im deutschen Fernsehen eine Männer-EM kommentierte. Sie reagierte damals sehr gelassen und sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wenn jemand per se die Frauenstimme bei Fußballkommentaren ablehnt, ist eine neutrale Beurteilung kaum möglich. Ich sehe das nicht als Kritik, ich sehe das nur als Beschimpfungen." Laut ZDF will Neumann sich derzeit nicht zu den Kommentaren äußern, sondern sich auf ihren Job in Russland konzentrieren. Am Mittwoch ist sie erneut im Einsatz und kommentiert das Spiel Portugal gegen Marokko um 14 Uhr live im ZDF. (red, 20.6.2018)