Chisinau/Bukarest – Aufruhr in der moldauischen Hauptstadt, nachdem das Amtsgericht Chisinau am späten Dienstagabend die vor zwei Wochen abgehaltene Bürgermeisterwahl für ungültig erklärt hat. Der gewählte Bürgermeister Andrei Nastase, Chef der proeuropäischen sozialliberalen Partei und Bürgerbewegung "Würde und Wahrheit" (PDA), verriss das "zutiefst demokratiefeindliche Urteil" und kündigte Rechtsmittel dagegen an.

Das selbst für moldauische Verhältnisse präzedenzlose Urteil hatte eine Richterin am Amtsgericht Chisinau gefällt, die ihren Urteilsspruch mit Verstößen gegen das Wahlrecht bzw. einer angeblichen Wahlkampftätigkeit des Wahlsiegers am Tag der Stichwahl begründete. Nastase, ein studierter Anwalt, bezeichnete die Begründung als lächerlich – er habe, genau wie sein sozialistischer Gegenkandidat Ion Ceban, die Hauptstadtbürger lediglich zu einer regen Wahlbeteiligung aufgefordert. Der 42-Jährige verriss die "vom Oligarchen Vlad Plahotniuc kontrollierte Justiz", die mit ihrem Urteil "Demokratie und Wählerstimmen mit den Füßen getreten" habe.

Anzeige erstattet

Nastase hatte die Stichwahl vom 3. Juni mit 52,57 Prozent der abgegebenen Stimmen gewonnen, anschließend hatten die unterlegenen Sozialisten des prorussischen Staatspräsidenten Igor Dodon Anzeige erstattet. Der als einflussreichster Politiker und Unternehmer des Landes geltende Vlad Plahotniuc, Chef der regierenden Demokraten (PDM), hatte im Wahlkampf den Sozialisten Ceban unterstützt. Die frühere proeuropäische Präsidentschaftskandidatin Maia Sandu sagte ihrerseits, dass Plahotniuc "uns allen zeigen will, wer in diesem Land das Sagen hat bzw. wer siegt und wer unterliegt. Wir werden unsere abgegebenen Stimmen jedoch zu verteidigen wissen, sie sind unsere letzte Waffe im Kampf gegen die Diktatur."

Nach Angaben des moldauischen Nachrichtenportals Unimedia.info kämpfen die Proeuropäer indes auch gegen die Zeit: Sollte Nastases Wahlsieg nicht binnen 48 Stunden für gültig befunden werden, so blüht der moldauischen Hauptstadt ein kommissarischer, politisch ernannter Bürgermeister, da es sich bei dem Wahlgang um eine Teilwahl gehandelt hatte und die reguläre Kommunalwahl bereits kommendes Jahr bevorsteht. (APA, 20.6.2018)