Michael Fleischhacker moderiert ab Donnerstagabend die "Sommergespräche" auf Servus TV gerne "kontroversiell".

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Salzburg – Christian Kern (SPÖ) eröffnet Donnerstag auf Servus TV Runde zwei der Sommergespräche mit Parteichefs – nach Puls 4 und vor dem ORF ab 13. August. Sie sollen einen "Überraschungsgast" zum (Streit-)Gespräch mit Moderator Michael Fleischhacker mitbringen. Überraschung für das Publikum – die Redaktion kannte den ersten seit Mittwoch.

STANDARD: Die Parteichefs sollen zu den "Sommergesprächen" auf Servus TV jeweils einen Überraschungsgast mitnehmen. Sollen Sie sich Verstärkung gegen den Moderator Fleischhacker mitnehmen?

Fleischhacker: Man kann sich Verstärkung mitbringen. Man kann dokumentieren, worüber man reden möchte. Und man kann etwas über sich sagen – indem man einen Künstler mitnimmt, einen Ökonomen, seine Mutter oder den Pressesprecher.

STANDARD: Und wenn ein Parteichef mit seinem Pressesprecher kommt?

Fleischhacker: Ja wunderbar. Das sagt doch etwas über die Person aus.

STANDARD: Wann erfahren Sie, wer wen mitbringt?

Fleischhacker: Wir kennen, Stand Mittwoch nur die Überlegungen von Christian Kern. Mal schauen, wer ihn am Donnerstag wirklich in den Hangar-7 begleitet. (Es wurde Judith Pühringer, Arbeitsmarktexperin und Betriebswirtin, Geschäftsführerin von Arbeit Plus, einem Netzwerk gemeinnütziger, arbeitsmarktpolitischer Unternehmen, Anm.)

STANDARD: Wen erwarten Sie?

Fleischhacker: Man hat so seine Fantasien. Es wäre doch toll, wenn Herr Strache seine Frau mitbringt, die ja Journalistin ist (Straches Social-Media-Beauftragte, früher Ö24TV, Anm). Auch wenn einer der Kandidaten seine Mutter mitbringt. Oder seinen Beichtvater.

STANDARD: Wen könnte Sebastian Kurz mitbringen?

Fleischhacker: Echt schwer einzuschätzen. Ich weiß, dass es die Idee gab, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mitzubringen. Elegante Wahl, würde ich sagen.

STANDARD: Muss man jemand mitbringen oder kann man auch allein mit Ihnen reden wollen?

Fleischhacker: Das muss natürlich auch frei stehen. Aber man könnte das so lesen: Ich habe niemanden, der gern Seite an Seite mit mir öffentlich auftreten möchte. Ich rechne also nicht damit.

STANDARD: Wann war für Sie so ein Sommergespräch gut?

Fleischhacker: Politische Gespräche sind immer gut, wenn man auch lachen konnte. Wenn man, aus inhaltlichen Gründen, lachen konnte, dann heißt das: Man ist auf etwas draufgekommen und hat etwas verstanden.

STANDARD: Aber Sie streiten auch gern.

Fleischhacker: Es ist sicher auch ein Erfolgsfaktor, wenn es phasenweise sehr kontroversiell ist. Gerade in einem solchen Format muss man unterschiedliche Ansichten austauschen – auch als Moderator darf und muss man da Meinung äußern. Da steht man ja auch stellvertretend für das Publikum. Also kann man nicht nur abfragen.

STANDARD: Wird es auch unbotmäßige Fragen geben? Das hat der neue Vorsitzende des ORF-Stiftungsrats, Norbert Steger, ja Armin Wolf vorgeworfen.

Fleischhacker: Ich hoffe schon. Ich weiß momentan allerdings nicht, was bei Hofe als unbotmäßig gilt.

STANDARD: Wieviel Publikum erwarten Sie? Der beste "Talk im Hangar" bisher hatte im Sendungsschnitt rund 110.000.

Fleischhacker: Es wäre schon das Ziel, im Sendungsschnitt in die Nähe von 100.000 zu kommen. Aber wir haben schon bei den Mitbewerbern gesehen, dass es nicht so einfach ist, im Schnitt 100.000 zu erreichen.

STANDARD: Puls 4 hatte zwischen 75.000 bei Matthias Strolz (Neos) und 162.000 bei Sebastian Kurz (ÖVP).

Fleischhacker: Und: Unsere Gespräche laufen allesamt während der Fußball-WM.

STANDARD: Wer produziert jetzt eigentlich den "Talk im Hangar"? Servus TV oder die von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz initiierte Stiftung Quo Vadis Veritas, die auch das Portal "Addendum" betreibt?

Fleischhacker: Die Stiftung bzw. die GmbH. Wir arbeiten wie eine Produktionsfirma für die Dokus und den Talk.

STANDARD: Welches Jahresbudget hat denn Quo Vadis beziehungsweise "Addendum"? Mit der anfangs von Mateschitz eingebrachten Million Euro geht es sich jedenfalls nicht aus.

Fleischhacker: Das geht sich nicht aus. Wir reden nicht über Budgetzahlen.

STANDARD: Wäre etwas, das fehlt. Solche Lücken zu schließen, verspricht "Addendum" ja. Die Zulieferung der "Im Kontext"-Reportagen und des Talk im Hangar 7 wird das Budget wohl nicht tragen.

Fleischhacker: Nein. Über die Stiftung kommt Geld für die Recherche an sich und für die Digitalplattform "Addendum", die keine Umsätze generiert. Wir produzieren sehr günstig und zu unseren Kosten für Servus TV.

STANDARD: Bei der Medienenquete des Kanzleramtsministers Gernot Blümel (ÖVP) ging es gerade wesentlich um Medienfinanzierung und Rundfunkgebühren. ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker und andere wünschen sich Gebühren und/oder ORF-Werbegeld für private Produktionen und Inhalte, die öffentlichen Mehrwert haben.

Fleischhacker: Ich könnte dem etwas abgewinnen, Public Value überall zu fördern, wo er auch entsteht. Das würde aber dann erfordern, dass der ORF nur noch Produzent ist – und nicht auch das Rundfunkunternehmen. Ich bin prinzipiell der Ansicht, dass es öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr braucht. Er hat sich technologisch und inhaltlich längst überholt. Tragbarer Kompromiss wäre für mich, Public Value zu fördern, wenn ihn der Markt nicht selbst hergibt.

STANDARD: Wer vergibt diese Gelder dann für Public Value?

Fleischhacker: Man bräuchte eine Institution, der man eine für alle akzeptable Definition von Public Value zutraut. In der Forschung gibt es auch Vergabekommissionen und Peer Reviews. Das schwedische Modell der Förderung und Vergabe scheint zu funktionieren. In Österreich wird die Existenz des ORF als öffentlich-rechtliches Unternehmen in unserer Lebenszeit aber eh nicht angerührt werden. Weil alle glauben, man braucht das.

STANDARD: Der ORF soll in den nächsten Monaten mehrere neue Vorstände bekommen. Da habe ich auch schon Ihren Namen gehört. Das wäre dann eher nichts für einen, der den ORF obsolet findet, oder?

Fleischhacker: Ich habe das Gerücht noch nie gehört. Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht, und es hat mit mir noch niemand darüber geredet – schon gar niemand, der darüber mitzureden hätte. Ich glaube, das wäre auch nichts für mich – und weder vernünftig noch realistisch. Ich könnte und wollte hier auch nicht weg. Wenn jemand so großzügig bereit ist, so ein Projekt längerfristig zu unterstützen, dem kann man nicht sagen: Ich hätt da jetzt was lustiges Anderes.

STANDARD: Längerfristig heißt: Auch über die Lebenszeit von Dietrich Mateschitz hinaus?

Fleischhacker: Ich denke schon. Aber natürlich: Ein Stifter hat jederzeit die Möglichkeit, seine Stiftung zu widerrufen, und er braucht das nicht einmal groß zu begründen. Aber ich halte es eher für realistisch, dass er das auf längere Sicht anlegt.

STANDARD: Servus TV und auch "Addendum" wird Public Value attestiert. Das gibt der Markt aber auch nur über Umwege her: Ein auf dem Weltmarkt höchst erfolgreicher Softdrink-Unternehmer finanziert Medien.

Fleischhacker: Ja, das ist Mäzenatentum. Davon wird es künftig auch mehr geben. Denn in diesem Umbruch der Medien werden sich tragfähige Geschäftsmodelle nicht so schnell etablieren. Da kann man froh sein, wenn es sich Menschen leisten können, so etwas zu ermöglichen.

STANDARD: Wie groß ist die inhaltliche Rücksicht der von Mateschitz finanzierten Medien auf den Mäzen?

Fleischhacker: Man nimmt Rücksicht auf ihn, und ich tue das auch. Aber nicht "inhaltlich" im Sinne der politischen Einflussnahme: "Das will ich, das will ich nicht." Wenn man mit ihm Kontakt hat, kann man nicht anders, als auf ihn Rücksicht zu nehmen – weil er einen Qualitätsfanatismus hat, dem man sich nicht entziehen kann.

STANDARD: Wie äußert sich das?

Fleischhacker: Es gibt Menschen, die auch ohne Expertise in bestimmten Gebieten so etwas wie ein Organ für Qualität haben. Und das lebt er aus. Das finde ich toll. Er sagt: Ihr werdet natürlich eine Menge Dinge machen, die mir überhaupt nicht gefallen, die sich nicht mit meiner Meinung decken. Die einzige Diskussion, die ich mit euch führen werde, ist: Hat es Qualität. Da habe ich gegen Einflussnahme gar nichts.

STANDARD: Hat Dietrich Mateschitz schon einmal angerufen und darüber beschwert, was etwa "Addendum" publiziert hat.

Fleischhacker: Nein. Wir diskutieren schon öfter mal auch intensiv, ob "Talk im Hangar" gelungen waren, Gäste, Diskussionsverlauf. Auch über die Reportagen, er sieht sie auch. Aber es ist immer völlig klar, dass es eine Diskussion aus Interesse und Wertschätzung ist.

STANDARD: Und wie sieht es mit dem inhaltlichen Gleichklang aus mit Servus-Chef Ferdinand Wegscheider und seiner "Wegscheider"-Fernsehkolumne?

Fleischhacker: Das ist irrelevant. Er ist der Senderchef. Und seine Kolumne ist klar gekennzeichnet und inhaltlich wie formal klar erkennbar als professionelles Satire- und Meinungsformat. Ob ich dieselbe Meinung habe, wie sie er in seiner Satiresendung vertritt – das spielt keine Rolle. Und wie der Intendant den Sender führt, ist eine Sache, die er sich mit dem Eigentümer ausmachen muss. Da sind wir nicht involviert.

STANDARD: Muss Michael Fleischhacker eigentlich dem Common Sense aus Prinzip widersprechen?

Fleischhacker: Aus Überzeugung. Der Experimentalphysiker und Mathematiker Georg Christoph Lichtenberg hat gesagt: Wenn alle das Gleiche denken, wird nicht viel gedacht. Ich sehe meine Berufung darin dazu beizutragen, dass nicht alle das Gleiche denken. Denn dann wird mehr gedacht. Wissen, das alle teilen, ist mir zutiefst verdächtig. Ich habe Angst vor Emotionen von politischen Großkörpern – und zwar vor allen gleich viel, ob rechts oder anderswo. Politische Großkörper neigen dazu, andere niederzutrampeln. Woher das kommt, weiß ich nicht. Ich hege diese Grundskepsis aber auch gegenüber meinen eigenen Überzeugungen. (Harald Fidler, 21.6.2018)