Umar, Olivia und Erva – Volksschulkinder in Selbstporträts. Eine Schulexpertin pocht auf die "soziale Verankerung" in der Stammklasse.

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Strahlende Kindergesichter, Kanzler und Vizekanzler im Blitzlichtgewitter – der Besuch der Regierungsspitzen am Montag in einer Volksschule in Wiener Neustadt sollte vor allem eines transportieren: Deutschförderklassen sind ein Erfolg. Es bleibt beim "sollte". Denn der – auch messbare – Erfolg beim Deutschlernen in der Otto Glöckel Sportvolksschule fußt auf der kleinen Gruppengröße. Konkret: Im vergangenen Schuljahr waren 42 Kinder in vier Gruppen mit je rund zehn Kindern täglich drei Stunden damit beschäftigt, Deutsch zu lernen.

Ein Punkt, der in dieser Inszenierung keine Rolle spielen durfte. Denn die türkis-blaue Rechnung will bis zu 25 Kinder in Deutschförderklassen unterbringen. Also Nachfrage in der Glöckel-Schule. Dort heißt es, man wolle weiter so wie bisher verfahren. Heißt also: kleine Gruppen.

Andere Schule, gleiche Ansicht: die Volksschule Baumkirchnerring, die zweite von insgesamt drei Schulen, die in Wiener Neustadt auf Deutschförderlassen setzen. Zwölf Kinder waren hier im Vorjahr in einer Gruppe. Ideal wären weniger, sagt Direktorin Maria Zoufal. Und 25 Kinder? "Damit ist keine Qualität mehr gegeben."

Rückendeckung

Rückendeckung bekommen die Schulleiterinnen von der zuständigen Pflichtschulinspektorin. "Bei den Sprachanfängern muss in kleinen Gruppen begonnen werden. Bei den Fortgeschrittenen können sicher mehr Kinder zusammengefasst werden. Wir werden aber sicher keine Klassen mit 25 Kindern aufmachen", sagt Sabine Karl-Moldan. Es werde auch "immer darauf geachtet, dass die Kinder ausreichend Zeit in ihren Stammklassen verbringen können". Die soziale Verankerung der Kinder sei wichtig. Grundsätzlich gilt: "Die Schulleiter bekommen die Ressourcen zugesprochen, wie diese dann eingesetzt werden, ist dann deren Entscheidung."

Die ersten Bundesländer haben bereits beim Bildungsministerium eingemeldet, wie viele Deutschförderklassen sie im Herbst für wie viele außerordentliche Schüler und Schülerinnen benötigen werden – für andere wollen noch geeignete Lösungen gefunden werden.

Nicolina Bösch etwa ist Schulleiterin einer Volksschule in Wien. Im Normalfall eröffne sie jedes Jahr drei erste Klassen, erzählt Frau Bösch, doch diesmal sei alles anders: Drei Sprachförderklassen wollen eingerichtet werden. Übrig bleibe eine reguläre Taferlklasse. Jetzt fragt sich Frau Bösch: "Wo bringe ich die zusätzliche Klasse unter?" Die Lehrmittelsammlung habe man aus Platzgründen bereits aufgelöst – immerhin wollten schon in den vergangenen Schuljahren drei verschiedene Religionsunterrichtsstunden und der Muttersprachenunterricht untergebracht werden. Für die Schulsozialarbeit und die Sprachheillehrkraft haben die Lehrerinnen sogar auf ihre Garderobe verzichtet. Weil ihre Schule aufgrund des Platzmangels unter jenen firmiert, die man im Stadtschulrat als sogenannte "Problemschule" ausgemacht hat, geht die Direktorin aber davon aus, dass sich die Raumfrage noch irgendwie gelöst werden muss.

Platzprobleme

Doch Frau Bösch hat nicht nur ein Platzproblem. Auch pädagogisch erscheint ihr das geplante Konzept, sollte es so kommen, wie von ihr befürchtet, wenig sinnvoll: "Diese Kinder haben ein Recht auf einen geschützten Rahmen, wo sie lernmäßig von anderen profitieren." Um auch wirklich alle Kinder bestmöglich zu fördern und die Gruppen für die Deutschförderklassen gut zusammenzustellen, will Frau Bösch im Herbst übrigens noch einmal ein internes Sprachscreening durchführen – immerhin ist seit dem Einschreibeverfahren im vergangenen Februar einige Zeit vergangen – einige Kinder haben womöglich deutliche Sprachfortschritte gemacht.

Auch Kollegin Erika Tiefenbacher, Direktorin der Neuen Mittelschule Schopenhauerstraße in Wien 18, hält wenig vom gesetzlich verordneten neuen Unterrichtskonzept. Schon bislang hatte sie eine sechste Klasse, in der ausschließlich Kinder aus geflüchteten Familien saßen. Im Vergleich zu jenen, die als außerordentliche Schüler gemeinsam mit regulären Schülern in einem Klassenverband unterrichtet wurden, bemerkt die Direktorin: "Jene, die nicht in der Flüchtlingsklasse waren, haben viel besser Deutsch gelernt" – und das trotz doppelter Lehrerbesetzung in allen Hauptfächern in der Flüchtlingsklasse. (Peter Mayr, Karin Riss, 21.6.2018)