Wien – Gibt es abseits der Erde noch irgendwo im Sonnensystem Leben? Auf der Suche nach potenziell lebenstragenden Welten sieht die NASA die größten Chancen bei Himmelskörpern, die der Erde tendenziell ähnlich sind – also zumindest keine Gasriesen sind. Ob es sich um Planeten oder Monde handelt, spielt nur eine sekundäre Rolle.

So sieht der neue Chef-Wissenschafter der NASA, James Green, einerseits Mars und Venus als aussichtsreich an – und andererseits Enceladus, Titan und Europa. Und einen klaren Favoriten nannte Green bei einem Besuch in Wien auch: "Wenn wir nach komplexem Leben suchen, hätten wir meiner Meinung nach die besten Chancen auf Europa."

"Lebender Körper"

Der Jupitermond sei von einer Eiskruste bedeckt, unter der sich ein Ozean befindet, der wahrscheinlich zwei Mal so viel Wasser enthält wie es auf der Erde gibt, sagte Green auf einer Konferenz der in Wien ansässigen UNOOSA (United Nations Office for Outer Space Affairs). Durch Sprünge im Eis würden nicht nur Geysire, sondern regelrechte Wände von Wasser bzw. Wasserdampf emporschießen. Die Eiskruste Europas bewege sich, ähnlich der Plattentektonik auf der Erde.

"Der Mond ist ein lebender Körper und das seit 4,5 Milliarden Jahren. Wir glauben, dass er neben Wasser alle Grundbausteine für Leben aufweist, viel Zeit hatte und daher eine exzellente Chance existiert, dass er Leben beherbergen könnte – nicht nur einfaches, sondern auch komplexeres Leben", so Green. Weil Jupiter sehr hell im Infrarot-Bereich strahle, könnte es auch sein, dass mögliches Leben im Ozean gelernt habe, dieses Licht wahrzunehmen, das die Eiskruste durchdringe, spekulierte Green.

Pläne und Missionen

Für die Suche nach Leben auf Europa müsste man zunächst auf der Oberfläche landen, eine der Eisspalten hinunterklettern, schließlich zum Wasser gelangen und vor allem an der Grenzfläche zwischen Eis und Wasser nach Leben suchen – denn wie man aus der Antarktis wisse, liebe das Leben genau solche Zonen. Möglich wäre auch, nach Leben zu lauschen, denn komplexe Organismen würde in irgendeiner Form Geräusche erzeugen – und die würden sich im Wasser gut ausbreiten.

Doch noch steht man ganz am Anfang bei der Suche nach Leben auf Europa. Für die frühen 2020er-Jahre plant die NASA die Mission "Clipper" zu dem Mond. Sie soll bei der Umkreisung des Jupiter Dutzende Male an Europa vorbeifliegen, mit hochauflösenden Kameras die Oberfläche erfassen und so auch nach möglichen Landestellen suchen. Weiters soll die Sonde durch die Wassereruptionen fliegen und die chemische Zusammensetzung des ausgeworfenen Materials analysieren. Und mittels Radar soll die Eisdicke bestimmt werden.

Es gebe aber auch schon Konzepte für einen Lander, der auf der Oberfläche aufsetzt, und für "U-Boot"-Missionen zur Erforschung des Ozeans unter dem Eis. Es werde aber wahrscheinlich bis in die 2030er-Jahre dauern, bis man unter das Eis gelange.

"Weird Life"

Leben muss aber nicht unbedingt aus den gleichen Bestandteilen hervorgegangen sein wie auf der Erde. Ein Kandidat für völlig andere Lebensformen ist für Green der Saturnmond Titan – neben der Erde der einzige Himmelskörper im Sonnensystem mit einem komplexen Flüssigkeitskreislauf auf der Oberfläche. Das ist in Titans Fall aber nicht Wasser, sondern flüssiges Methan.

Ein ganzes Wissenschaftsfeld beschäftigte sich mit der Frage nach sogenanntem "Weird Life", also einer völlig unterschiedlichen Art von Leben auf Basis von Methan als Lösungsmittel. Noch habe man aber keine Konzepte für alternative Versionen von Erbsubstanz, Stoffwechsel oder Zellen auf Methan-Basis. "Auch wenn das völlig andere Bedingungen sind, gibt es Titan seit 4,5 Milliarden Jahren. Wenn also Leben angefangen hat, gab es genug Zeit, dass es sich entwickelt", sagte Green.

Vorerst keine Geldsorgen

Auch wenn man immer wieder von Kürzungen hört – zuletzt hat das Weiße Haus das Programm Carbon Monitoring System (CMS) zur Überwachung des Klimawandels gekürzt – ist Green mit seinem Budget übrigens äußerst zufrieden: "In dieser Administration ist das Wissenschaftsbudget der NASA besser als es seit Apollo je war."

Die Mittel für die Planetenwissenschaften seien von umgerechnet 1,3 Milliarden Euro in der Obama-Ära auf 1,9 Milliarden gestiegen. Bei den Erdwissenschaften gebe es keine Kürzungen, sondern einen kleinen Anstieg. (red, APA, 21. 6. 2018)