Gustav Klimts "Apfelbaum II" (1916) wurde 2001 an die falschen Erben restituiert, die das Gemälde verkauften. Als Leihgabe der Fondation Louis Vuitton hätte es im Leopold-Museum gastieren sollen.

Foto: archiv/belvedere

Wien – Seit einem knappen Jahr herrscht Gewissheit: Gustav Klimts "Apfelbaum II" wurde seitens der Republik 2001 an die falsche Erbengemeinschaft restituiert, obwohl Zweifel aktenkundig waren. Monika Mayer, die Provenienzforscherin des Belvedere, hatte damals zusätzliche Recherchen angeregt, die jedoch vom damaligen Direktor Gerbert Frodl und Ernst Bacher als Leiter der Kommission für Provenienzforschung weitestgehend ignoriert wurden.

Das Gemälde wurde den Erben nach Nora Stiasny (geb. Zuckerkandl) übergeben, tatsächlich dürfte es einst Elisabeth Bachofen-Echt (geb. Lederer) gehört haben, wie jüngere Forschungsergebnisse nahelegen.

Verkauf an Bernard Arnault

Die Stiasny-Erben verkauften das von internationalen Auktionshäusern 2001 auf 20 Millionen Dollar geschätzte Bild. STANDARD-Recherchen zufolge über Daniella Luxembourg in eine private Sammlung: an den französischen Milliardär Bernard Arnault, Eigentümer des Luxusgüterkonzerns LVMH Moët Hennessy – Louis Vuitton. Und in dessen Büro hing es bis zum Transport nach Wien, wie Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold-Museums, Donnerstagnachmittag erzählte.

Offiziell hätte es als Leihgabe der 2006 von Arnault gegründeten Fondation Louis Vuitton ab 22. Juni (bis 4. November) in der Ausstellung "Gustav Klimt – Jahrhundertkünstler" gastieren sollen. Nun wurde "Apfelbaum II" noch vor der Eröffnung einem "Kurier"-Artikel zufolge vom Leihgeber zurückgepfiffen.

Wipplinger war für den STANDARD für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Der Grund könnte eine vom "Kurier" in den Raum gestellte Beschlagnahme sein, da "die Stiasny-Erben" ein Werk "zu Geld machten, obwohl es ihnen nicht gehörte".

Präzedenzfall

Ein Präzedenzfall auch für Juristen, die das unterschiedlich werten. Die einen betrachten die Causa als erledigt und sehen keine Rechtsansprüche. Die anderen neigen dazu, über die erfolgte Rückgabe klagbare Ansprüche abzuleiten: sowohl gegenüber der Republik als auch gegenüber den Stiasny-Erben, die, wenn auch unverschuldet, über die falsche Rückgabe bereichert wurden.

Ein "peinlicher Vorgang", attestierte im Juli vergangenen Jahres der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ), wobei den damals Involvierten kein "schuldhaftes Verhalten" nachweisbar sei. Er ersuchte die Finanzprokuratur um eine Einschätzung der Rechtslage.

Diese lag im September 2017 vor. Dabei waren etwa auch mögliche Ansprüche an die Kommission für Provenienzforschung und die damalige Ministerin (Elisabeth Gehrer, ÖVP) geprüft worden. Fazit: Man habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

Warten auf den Abschlussbericht

Ergänzend wurde die Finanzprokuratur mit der Prüfung von Regressansprüchen beauftragt, ob, in welcher Form und auch wo (Gerichtsstandort) solche durchsetzbar wären. Denn die Nachfahren der 2001 begünstigten Stiasny-Erben leben in Schweden. Laut "Kurier" lässt der Abschlussbericht, wie der zuständige Sektionschef Jürgen Meindl erklärte, noch immer auf sich warten. (Olga Kronsteiner, 21.6.2018)