Dass am Ende der Reformarbeit Strafrahmen erhöht werden, ist laut Edtstadler nicht fix.

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Wien – Die von der Regierung eingesetzte Strafrechtsarbeitsgruppe hat sich drei Schwerpunkte gesetzt, die über den Sommer bearbeitet werden. Als "dringendes Problem" werden digitale Straftaten, insbesondere Sexualdelikte gegen Kinder und Jugendliche, gesehen. Ein weiterer Fokus wird auf den Datenaustausch zwischen Behörden und die Dokumentation von Verletzungen von Gewaltopfern gelegt.

Das berichtete die zuständige Innenministeriums-Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Freitag im Anschluss an ein zweitägiges Symposium, bei dem internationale Experten von ihren Erfahrungen in diesem Bereich berichtet haben. Die Task Force-Untergruppe "Opferschutz und Täterarbeit" befinde sich derzeit in der Phase der Sammlung von Problemlagen, sagte Edtstadler. Über den Sommer werde nun in fünf Arbeitsgruppen weitergearbeitet. Im September sollen bei einer Klausur die Ergebnisse zusammengefasst werden. Danach soll es wieder eine internationale Konferenz geben. Bereits jetzt seien einige Ziele klar.

Internet als Rechtsraum

Der Zugang zu Hilfe für Opfer solle "niedrigschwelliger" werden, alle Berufsgruppen, die mit Opfern zu tun haben, sollen sensibilisiert werden. Ausgebaut werden solle auch die Präventivarbeit, besondern im Bereich der Pädophilie, schilderte Edtstadler. Der Fokus solle darauf gelegt werden, dass potenzielle Täter nicht zu tatsächlichen Tätern werden. Ein besonderer Schwerpunkt sei das Internet, das für viele Menschen ein rechtloser Raum zu sein scheine. "Es muss klar sein, dass der virtuelle Raum ein Rechtsraum ist."

Thomas Gabriel Rüdiger, ein Cyberkriminologe aus Deutschland, bezeichnete digitale Straftaten als "eines der dringendsten Probleme unserer Zeit". Heute wachse kaum ein Kind auf, ohne im Netz mit einem Sexualstraftäter in Kontakt zu kommen, zeichnete er ein drastisches Bild. Die Dunkelziffer der Delikte im Netz sei enorm. Während einer von 15 Ladendiebstählen angezeigt werde, komme auf 200 bis 300 Straftaten im Netz eine Anzeige, so Rüdiger. Bekämpft werden könnte dieses Problem u. a. durch mehr Kontrolle.

In der analogen Welt werde etwa beim Kauf von Produkten ab 18 Jahren der Ausweis kontrolliert, während im Netz niemand kontrolliert, ob ein Erwachsener in Kinderforen gehe. Es müsste zudem stärker sichtbar werden, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei. Das Problem sei jedenfalls weniger die Schaffung neuer Delikte, sondern die effektive Verfolgung dieser, erklärte Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek.

Dass am Ende der Reformarbeit Strafrahmen erhöht werden, ist laut Edtstadler nicht fix. "Die Strafen müssen härter werden", aber nicht zwingend durch eine Anhebung des Strafrahmen. Es gebe auch andere Parameter, etwa Erschwernisgründe, an denen man drehen könnte. Was auf jeden Fall kommen solle, seien bessere Dokumentationen von Verletzungen von Gewaltopfern und eine bessere Vernetzung zwischen den Behörden. "Durch Vernetzung und Datenaustausch zwischen den Behörden können im Falle eines Risikos Straftaten verhindert werden. Ohne diese effektiver Zusammenarbeit nützen auch die perfektesten Gesetze nichts", sagte Carlo Ranzoni, Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. (APA, 22.6.2018)