In San Diego in Kalifornien bildeten Demonstranten eine Menschenkette um ein Gefängnis, um gegen die Trennung der Migrantenkinder von ihren Eltern zu protestieren.

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Sorgt für Aufregung: das Cover des Magazins "Time".

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Washington – Die US-Regierung will offenbar Zeltlager auf alten Flugplätzen errichten, um bis zu 25.000 illegal ins Land gekommene Migranten unterzubringen. Nach Berichten amerikanischer Medien, die sich wiederum auf ein geheimes Memorandum des Militärs berufen, sollen nicht mehr oder kaum noch benutzte Start- und Landebahnen der Luftwaffe in Kalifornien, Alabama und Arizona in Internierungslager umfunktioniert werden. In der Nähe von San Francisco sei zudem eine Zeltstadt für bis zu 47.000 Menschen geplant.

Ein Sprecher des Pentagons wollte entsprechende Pläne zwar nicht bestätigen, räumte aber ein, dass man sich auf eine Reihe von Szenarien vorbereite. Präsident Donald Trump stellte unterdessen auf einer Kundgebung in Las Vegas klar, dass er trotz eines Rückziehers in Sachen Familientrennung nicht daran denke, Grundsätzliches an seiner restriktiven Einwanderungspolitik zu ändern. "Sichere Grenzen, keine Kriminalität, das sind unsere Themen", sagte er, während er der demokratischen Opposition naive Blauäugigkeit vorwarf.

Trumps Angst vor MS-13

"Ihr Thema sind offene Grenzen, damit sich MS-13 übers ganze Land verbreiten kann." MS-13, ein Bandensyndikat mit Wurzeln in El Salvador, steht in seinem Weltbild symbolisch für die angeblichen Schrecken, die der Zustrom von Migranten aus Lateinamerika mit sich bringt.

Weitgehend unklar bleibt indes, was an praktischen Schritten folgt, nachdem Trump eine Anordnung zurücknahm, nach der Einwandererfamilien an der Grenze zu Mexiko getrennt worden waren. Die Eltern waren in Haftanstalten, ihre Kinder in Auffanglager gekommen.

Mehr als 500 von über 2300 Kindern seien inzwischen wieder bei ihren Familien, teilte das Heimatschutzministerium am Wochenende mit. Anwälte klagen indes über hohe bürokratische Hürden bei der Zusammenführung. Jackie Speier, eine demokratische Kongressabgeordnete aus Kalifornien, sprach nach einer Reise in die texanische Grenzstadt McAllen von Behördenchaos und Verwirrung.

Mildere Vorgangsweisen ausgeschlagen

Im Übrigen habe die Regierung mit der massenhaften Inhaftierung unter allen denkbaren Varianten die härteste gewählt. "Wir reden von Menschen. Viele von ihnen haben Angehörige in den USA." Statt sie einzusperren, hätte man sie auch zu Verwandten ziehen lassen und ihnen elektronische Fußfesseln anlegen können, um sie später jederzeit ausfindig zu machen.

Die Kompromisslosigkeit – offiziell: die Nulltoleranz – des Weißen Hauses, das Magazin Time hat sie mit einer Fotomontage auf seinem Titelblatt illustriert. Zu sehen ist ein weinendes Mädchen aus Honduras, auf das Trump von weit oben herunterschaut, ohne irgendeine Regung erkennen zu lassen. Daneben eine sarkastische Zeile: "Willkommen in Amerika".

Schnappschuss spaltet Amerika

Das Originalbild war entstanden, als ein Grenzbeamter die Mutter der zweijährigen Yanela abtastete und die Kleine ratlos und ängstlich zuschaute. Ein Schnappschuss, an dem sich die Geister scheiden, wie so oft in der US-Migrantendebatte.

Für Demokraten und Menschenrechtsgruppen ist die Szene, am 12. Juni in McAllen vom preisgekrönten Reporter John Moore fotografiert, Symbol für eine als unmenschlich empfundene Einwanderungspolitik. Für etliche Republikaner und den Präsidenten selbst steht das Motiv dagegen für eine fiese Kampagne der "Fake-News-Medien". Tatsächlich waren Mutter und Tochter nicht getrennt und separat untergebracht worden. Wie der Vater des Mädchens, Denis Varela, Journalisten in Honduras erzählte, warten beide gemeinsam in einer texanischen Haftanstalt auf die Prüfung ihres Asylgesuchs.

Gegen "Demokraten und Medien"

Prompt sah das Weiße Haus die Gelegenheit zur Gegenattacke. Es sei "schändlich, wie die Demokraten und die Medien" das Foto ausschlachteten, wetterte Regierungssprecherin Sarah Sanders. Dabei hatten weder Moore noch die meisten Zeitungen behauptet, Yanela und ihre Mutter seien getrennt worden. Die Annahme sei berechtigt gewesen, sagt Moore. Im Gespräch mit "Time" schiebt er hinterher: "Alles, was ich in dem Moment wollte, war, dieses Mädchen in den Arm zu nehmen." (Frank Herrmann aus Washington, 25.6.2018)