Mit Bildern wie diesem wird die Stadt Salzburg beworben.

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Die harte Realität sieht für Bewohner wie ankommende Touristen aber oft ganz anders aus. Hier: Busterminal, rechte Altstadt, Paris-Lodron-Straße.

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Salzburg – Dass die Salzburger Innenstadt in weiten Teilen bereits fast völlig unbewohnt ist, dass der Strukturwandel Richtung rein touristische Nutzung der Altstadt unaufhörlich voranschreitet und dass viele Salzburger und Salzburgerinnen die Altstadt aufgrund der Touristenmassen wo immer möglich meiden, ist längst kein Geheimnis mehr. Zumindest in Sonntagsreden heißt es auch aus den Reihen von Stadt- und Landesregierung immer öfter: Die Akzeptanz des Tourismus sei gefährdet.

Tatsächlich steht der Salzburger Stadttourismus quasi an einer Weggabelung: Gelingt es, die Touristenströme so weit zu lenken, dass auch die Stadtbewohner noch ihren Platz finden? Oder wird Salzburg nach Venedig die nächste Stadt, die ihre Innenstadt mit Drehkreuzen abriegelt?

Drehkreuze für die Stadt Salzburg sind nicht so unvorstellbar, wie das auf den ersten Blick scheinen mag: Im Salzburger Dom wird ab Mitte 2019 zu Spitzenzeiten Eintritt verlangt werden, um der Massen einigermaßen Herr zu werden. Da werden Zugangskontrollsysteme wohl nicht ganz ausbleiben.

Millionen stürmen die Stadt

Das Problem dabei sind nicht die rund drei Millionen Nächtigungen pro Jahr, das Problem heißt Tagestourismus. In Zahlen: 50.000 Reisebusse und unzählige private Pkws karren jährlich rund neun Millionen Tagesgäste in die Stadt. (Wobei die neun Millionen einer noch eher konservativ angelegten Schätzung entsprechen, da allein der Salzburger Christkindlmarkt schon auf über eine Million Besucher kommt.)

Dass der Tourismus bereits an seine Akzeptanzgrenze stößt, zeigt das Beispiel des Altstadt-Busterminals in der Paris-Lodron-Straße. Fast 500 Unterschriften haben Anrainer und Anrainerinnen inzwischen gegen den Terminal und für etwas Grün in der rechten Altstadt gesammelt. DER STANDARD hat berichtet.

Wie so oft in Salzburg werden Anrainerinitiativen von der Stadtregierung – wenn überhaupt – nur sehr widerwillig aufgenommen. Ergebnis hier: Ein paar dünne Bäumchen hübsch mit Blümchen garniert in Betontrögen, eine für kommenden Winter angekündigte Schadstoffmessung und ein neues Buchungssystem für die Busse. SPÖ und Stadt-Grüne haben zudem einen Antrag auf weitere Begrünung im Gemeinderat gestellt. Zusatz vonseiten der Grünen: Eigentlich sei der Busterminal mitten in der Stadt ja fehl am Platz.

Verlagerung aber keine Entlastung

Vor allem die Onlinebuchung hat den Innenstadtterminal etwas entlastet, sagen die offiziellen Zahlen (hier zum Nachlesen). Das sagen aber auch die Anrainer. Nur: Jetzt fahren mehr Busse den Reisebusterminal im Stadtteil Nonntal an. Im Ergebnis ist es nur eine Verlagerung des Problems: Die anrainenden Wirtsleute im Kaiviertels (salzachseitig linke Altstadt) beklagen nun, dass die Bustouristen oft zu Dutzenden ihre Toiletten "belagern" würden.

Was droht, ist ein gegenseitiges Hin-und-her-Schieben der Touristenströme. Angelika Stöcklinger, die Sprecherin der busgeplagten Anrainer in der rechten Altstadt (Paris-Lodron-Straße), dazu: "Wir dürfen uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, die Busse haben auch im Nonntal nichts verloren."

Weltkulturerbe zum Diskonttarif

Entlastung ist für die Kaiviertler vorerst nicht in Sicht. Die von Stadträtin Barbara Unterkofler (Neos) als Ausweichklo vorgeschlagene Toilette einer nahe gelegenen Tiefgarage sei zu klein und liege nicht an der Hauptroute in die Stadt, sagen die Betroffenen. Unterkofler wiederum sieht keinen anderen Ausweg: "Wir können in der Altstadt nicht überall Toilettenhäuschen hinstellen."

Sie schlägt eine höhere Bemautung vor. Tatsächlich erscheinen die bis dato von der Stadt eingehobenen Gebühren von 24 Euro pro Bus lächerlich gering. Nimmt man für einen Bus 50 Personen im Schnitt, dann macht das pro Person kaum mehr als 50 Cent "Eintrittsgebühr" für das Weltkulturerbe Salzburg. (Thomas Neuhold, 26.6.2018)