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Die Lifeline ist in Malta. Ihrem Kapitän droht ein Prozess.

Foto: Reuters / Darrin Zammit Lupi

Valletta/Berlin – Der deutsche Kapitän des Rettungsschiffs Lifeline soll auf Malta vor Gericht gestellt werden. Claus-Peter Reisch werden Verfehlungen im Zusammenhang mit der Registrierung des Schiffes vorgeworfen, wie der maltesische Rechtsbeistand Neil Falzon der Dresdner Organisation Mission Lifeline am Donnerstag mitteilte. Gerichtstermin sei am Montag.

"Wir werden unser Möglichstes tun, um diese Sache aufzuklären und sicherzustellen, dass Hilfsorganisationen nicht zum Ziel werden, weil sie Menschen in Seenot retten", sagte Falzon. Ein Sprecher des Büros von Premier Joseph Muscat bestätigte die Vorwürfe, machte aber keine weiteren Angaben.

Das Schiff fährt nach Angaben der Dresdner Hilfsorganisation unter niederländischer Flagge, was die dortigen Behörden aber bestreiten. Das Schiff ist nur im Register des Wassersportverbandes eingetragen.

Besprechungen in NGO

Die Lifeline hatte vor einer Woche rund 230 Migranten vor Libyen gerettet und war danach tagelang auf Hoher See blockiert, weil kein Staat ihr einen Hafen zuweisen wollte. Schließlich durfte es am Mittwoch einen Hafen auf Malta anlaufen.

Die Aktivisten ließen danach die Zukunft solcher Missionen offen. Man könne noch keine Aussage dazu machen, ob man gleich wieder rausfahre, sagte Sprecherin Marie Naass am Donnerstag in Berlin. Das müsse man erst innerhalb der Organisation besprechen. Wenn man nicht mehr vor Ort sei, würden Menschen im Mittelmeer sterben. "Wir wissen aber auch, dass unsere Arbeit massiv erschwert wird – und wir können so eine 'Lifeline'-Situation nicht jede Woche haben."

Sichere Unterbringung

Kapitän und Crew seien in einem Hotel in Malta sicher untergebracht worden, sagte Naass. Man kooperiere mit den Behörden in Malta und gebe alle gewünschten Informationen weiter. Auf Twitter rief die Organisation zu neuen Spenden auf.

Man wisse aufgrund des zunehmenden Drucks europäischer Regierungen nicht, ob man Malta weiterhin als operative Basis nutzen könne, sagte Johannes Bayer von der Hilfsorganisation Sea-Watch. Er kritisierte die EU-Regierungen, die sich einer Aufnahme der Migranten verweigerten. "Jedem hier muss bewusst sein, dass, wenn wir diesen Weg weitergehen, dann gehen wir da über Leichen."

Die Aktivisten sehen sich als Opfer einer Kriminalisierungskampagne. "Wir werden zu Sündenböcken gemacht für eine gescheiterte Migrationspolitik auf europäischer Ebene", sagte Naass. Die Lifeline habe sich an alle internationalen Konventionen gehalten.

Auch Norwegen nimmt Migranten auf

Die maltesische Regierung erklärte, dass mittlerweile auch Norwegen zugestimmt habe, Migranten des Schiffs aufzunehmen. Damit sind es insgesamt neun europäische Länder. Deutschland sieht sich bisher nicht in der Pflicht, obwohl mehrere Bundesländer Hilfe angeboten haben. Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) nannte Bedingungen für eine mögliche Aufnahme. Eine Voraussetzung sei, dass das Schiff festgesetzt werde. Populistische Äußerungen aus dem Innenministerium seien es nicht wert, kommentiert zu werden, entgegnete Naass.

234 Migranten sind nach Angaben der maltesischen Regierung im Hafen in Senglea vor Valletta an Land gebracht worden. Sechs Menschen, darunter drei Babys, kamen in ein Krankenhaus auf der Mittelmeerinsel. Mission-Lifeline-Sprecher Axel Steier erzählte bei der Ankunft der Migranten, viele seien in Libyen gefoltert worden. Ein zweijähriges Kind sei alleine auf dem Schiff gewesen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist eine Schande, dass Deutschland nicht angeboten hat, ein paar Migranten zu übernehmen."

Die Vereinten Nationen kritisierten die Europäische Union wegen des Mittelmeer-Dramas scharf. Weil die EU politisch gelähmt sei, müssten Unschuldige leiden, monierten das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM). Sie verlangten vor dem EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag, die EU-Staaten müssten schnellstens eine gemeinsame Lösung für die ganze Region finden, um weiteres unnötiges Sterben auf See zu verhindern. (APA, 28.6.2018)