"Außengrenzen sichern!", heißt es. Die Flüchtlinge/Migranten dürfen gar nicht bis in die EU kommen. Man will sie schon vorher abfangen und in große Aufnahmelager sperren (verwendet werden nettere Namen, aber es sind Lager), wo rasch entschieden wird, ob sie Asyl bekommen. Jene, die kein Asyl bekommen, werden rasch wieder zurückgeschickt. Die Lager könnten in Albanien sein (leider hat die dortige Regierung schon Nein gesagt). Oder in Nordafrika.

Ein paar Fragen: Wer wird sie abfangen? Kriegsschiffe der EU? Oder wird man das, wie schon jetzt teilweise, dann vollständig an die "libysche Küstenwache" outsourcen? Die nichts anderes ist als der maritime Arm einer der bewaffneten "Fraktionen" in Libyen? Hier handelt es sich um einen "failed state", der von rivalisierenden "Warlords" beherrscht wird.

Übrigens: Die "Warlords" unterhalten schon solche Lager. Dort werden die Menschen, die aus dem Süden kommen, vergewaltigt, versklavt, umgebracht. Sie lassen die Flüchtlinge nicht weiter und kriegen dafür von der EU und Italien Geld.

Mit diesen Warlords hätte es auch die EU zu tun, wenn sie "Anlandeplattformen", wie es Kurz so nett nennt, an der libyschen Küste errichtet. Wie sollen die organisiert werden? Dort sollen ja Tausende, wenn nicht Zehntausende interniert werden. Wer wird die Lager bewachen? Wieder die libyschen Banden oder doch, ahem, EU-Streitkräfte? Das könnte aber brenzlig werden, denn die Banden sähen sich ja dann um ihr Geschäftsmodell gebracht.

Und: Wer wird die abgelehnten Asylwerber dann durch die riesige libysche Wüste, durch den Niger, durch den Tschad zurückbringen?

Und wenn die EU nicht in Libyen operieren will – Ägypten, Tunesien und Algerien, wo ebenfalls "Anlandeplattformen" angedacht sind, haben zunächst einmal abgewunken.

Allerdings: Der Plan wäre eine verschärfte Form eines bereits recht und schlecht funktionierenden Modells. Die Wahrheit ist, dass die Spanier Marokko und die westafrikanischen Staaten bestochen haben, keine Flüchtlinge mehr von ihren Küsten wegzulassen.

Die Wahrheit ist, dass die EU (=Merkel) die Türkei bestochen hat, keine Flüchtlinge mehr von der türkischen Küste auf die griechischen Inseln wegzulassen. Gerald Knaus, der geistige Vater des EU-Türkei-Deals, schlägt vor, schon bei den afrikanischen Auswanderungsländern anzusetzen und nicht erst bei den Durchgangsländern wie Libyen. Man müsse den afrikanischen Regierungen einen Anreiz bieten, ihre Bevölkerungen zum Bleiben zu bewegen. Das wird allerdings teuer.

Die "Festung Europa"-Verfechter hoffen allerdings insgeheim, wenn einmal die ersten Lager in Libyen gefüllt sind und sich die Nachricht von der Aussichtslosigkeit dort nach Süden durchgesprochen hat, werde der Zustrom nachlassen. Ob das einen Menschen aus Mali oder Burkina Faso beeindruckt, dem der Klimawandel den Acker ruiniert hat, ist die Frage. (Hans Rauscher, 29.6.2018)