Eigentlich wollten die EU-Staats- und Regierungschefs auch über eine Reihe von weiteren Themen sprechen. Haben sie auch – Ergebnisse gab es aber wenige.

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Brüssel – Ohne Horst Seehofer wäre es wohl ein anderer Gipfel geworden. Denn eigentlich sollte ein bunter Mix an Themen auf der Agenda des Treffens stehen, bevor der deutsche Innenminister den Koalitionsstreit mit seiner Kanzlerin Angela Merkel über die Migration vom Zaun brach. Über diese wurde am Donnerstag und Freitag ebenfalls hitzig verhandelt – nicht überall sind allerdings große Fortschritte zu sehen.

  • Brexit Der Freitagvormittag stand im Zeichen der Brexitverhandlungen, die in den vergangenen Wochen zur beidseitigen Sorge Brüssels und Londons wenig vorangekommen sind. Auch diesmal gab es kaum Weiterentwicklung: In der Frage der irischen Grenze ist die EU deshalb sogar "beunruhigt", wie in der Abschlusserklärung festgehalten wurde. EU-Chefunterhändler Michel Barnier mahnte ein, dass die Zeit für eine Einigung knapp werde.
  • Sicherheit und Verteidigung In einem eigenen, verhältnismäßig langen Punkt hielten die EU-Chefs fest, dass Europa "mehr Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen muss". Unterstrichen werden die bisher unternommenen Schritte zur Stärkung der gemeinsamen Verteidigung ebenso wie jene, die im kommenden November beschlossenen werden sollen. Die Autonomie der Union (vor allem von den USA) solle erhöht, die Nato-Zusammenarbeit verstärkt werden.

  • Westbalkan-Erweiterung Die Schlussfolgerungen zu den Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien und Albanien, die der Rat jüngst angenommen hat, wurden in dem Papier "gebilligt". Der Fokus lag dabei auf Mazedonien. "Mit Nachdruck" begrüßte der Gipfel die Einigung in der Namensfrage zwischen Mazedonien und Griechenland. Diese, wie auch das mazedonisch-bulgarische Freundschaftsabkommen, diene als "starkes Vorbild für eine Vertiefung der gutnachbarschaftlichen Beziehungen". Nato-Chef Jens Stoltenberg deutete an, dass Mazedonien schon sehr bald der Militärallianz beitreten könnte.
  • Russland Die Sanktionen gegen Russland will die EU wegen fehlender Fortschritte im Friedensprozess für die Ukraine sechs weitere Monate verlängern. Zudem verlangt man von Moskau mehr Anstrengungen zur Aufklärung des Abschusses von Flug MH17.
  • Innovation Ausgebaut werden sollen auch die EU-weite Spitzenforschung und der digitale Binnenmarkt. Dazu zählen etwa Pläne zur künstlichen Intelligenz wie zur Einrichtung eines europäischen Innovationsrats.
  • Haushalt "Zur Kenntnis" wurde das Vorschlagspaket für den EU-Finanzrahmen 2021–2027 genommen, das die Kommission im Mai vorgelegt hat. EU-Parlament und -Rat sollten diese Vorschläge nun "so bald wie möglich" prüfen.

  • Wachstum und Beschäftigung Neben der allgemeinen Forderung, den Kampf gegen Steuervermeidung, -hinterziehung und -betrug voranzutreiben, wird vor dem Hintergrund wachsender Handelsspannungen an die "Wichtigkeit" der Vertiefung eines regelbasierten multilateralen Systems erinnert. Die Besteuerung der digitalen Wirtschaft soll vorangebracht werden.
  • Rechtsstaat in Polen und Ungarn Vielleicht ist es symptomatisch: Obwohl die EU-Kommission beiden Staaten wegen Probleme mit dem Rechtsstaat Verfahren androht, war weder die Situation in Warschau noch jene in Budapest beim Gipfel ein maßgebliches Thema. (Thomas Mayer aus Brüssel, Anna Giulia Fink, Manuel Escher, 29.6.2018)