Schwarz vs. türkis – Landeshauptmann Günther Platter und Landesrätin Beate Palfrader sind mit einem aufmüpfigen Tiroler AAB konfrontiert.

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Innsbruck – Die Tiroler Trendfarbe ist und bleibt Schwarz. Die PR-Masche der Bundes-ÖVP, die Partei türkis umzufärben, hat Landeshauptmann Günther Platter schon im abgelaufenen Landtagswahlkampf 2018 nicht mitgetragen. Mit Erfolg. Platter führte seine schwarze Tiroler Volkspartei zu neuer Stärke, ohne dabei auf die Strahlkraft von Bundeskanzler Sebastian Kurz zu setzen. Und er wählte erneut die Grünen als Koalitionspartner, obwohl die Bundespartei dem Vernehmen nach lieber die Freiheitlichen an Platters Seite gesehen hätte.

AK-Präsident als Wortführer

Die Vorbehalte gegen den neuen türkisen Stil in der Volkspartei kommen vor allem aus dem hierzulande mächtigen Arbeitnehmerbund (AAB), dem auch der Landeshauptmann angehört. Als Wortführer des schwarzen Aufbegehrens gegen Türkis fungiert Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl. Der teilt in der aktuellen Ausgabe der deutschen Wochenzeitung Die Zeit gegen Bundeskanzler Kurz aus.

Zangerl attestiert Kurz' Führungsstil "diktatorische Züge". Er habe die Partei "sektenartig strukturiert", die Abgeordneten würden "dumm gehalten": "Diese Regierung ist eine PR-Agentur. Aus der schwarzen ÖVP wurde eine unsoziale türkise Partei."

Rückendeckung erhält Zangerl von mehreren VP-Landtagsabgeordneten. Martina Nowara, ebenfalls AAB, nennt Zangerl einen "Vorreiter". Was die Bundesregierung im Zuge des Arbeitszeitgesetzes vollführe, sei unverständlich: "Da wird über die Leute drübergefahren. Wie kann man so mit den Österreichern umgehen?" Nowara war, wie auch Zangerl, am vergangenen Wochenende in Wien, um gegen diese Politik zu demonstrieren: "Es war meine erste Demo, und ich hoffe, auch die letzte." Dort habe sich aber gezeigt, dass es nicht nur in der Tiroler VP brodelt: "Da waren Parteikollegen aus Vorarlberg, Salzburg, Nieder- und Oberösterreich mit dabei." Nur fänden diese noch nicht so Gehör wie die Tiroler.

Regierung lasse Arbeitnehmer im Stich

Wie Nowara kritisiert auch ihr Tiroler Abgeordnetenkollege Heinrich Kirchmair, dass "die Arbeitnehmer von der Bundesregierung im Stich gelassen werden". Warum die türkise Mutterpartei die warnenden Stimmen aus den Ländern nicht hört, verstehe er selbst nicht. "Ich bin selber Betriebsrat. Uns wird da grad einiges an Kompetenzen weggenommen", sagt Kirchmair. Er glaube nicht, "dass das gescheit ist, wie das derzeit gemacht wird".

Die Tiroler AAB-Chefin und Landesrätin Beate Palfrader hat Zangerl bislang den Rücken gestärkt. Sie verstehe seine Sorgen um die Arbeitnehmer. Zangerl sei eben jemand, der sich kein Blatt vor den Mund nehme. Palfrader hat auch schon im Vorfeld der Nationalratswahl offen ihre Ablehnung von Türkis-Blau zum Ausdruck gebracht. Geschadet hat ihr das in Tirol nicht. Nach der Landtagswahl im Februar wurde sie zur "Superlandesrätin" mit noch mehr Ressortverantwortung befördert. Am Donnerstag antwortete Palfrader jedoch, trotz anfänglicher Zusage ihres Büros, nicht mehr auf Anfragen zum Thema. Auch Landeshauptmann Platter blieb trotz Nachfrage stumm.

Platter steht vor Dilemma

AAB-Frau und AK-Rätin Nowara glaubt die Spitze der Tiroler Landesregierung vor einem Dilemma: "Der Landeshauptmann kann sich nicht teilen." Er sei wohl zerrissen zwischen Loyalität zum AAB auf der einen und Linientreue zur Bundespartei auf der anderen Seite. "Vielleicht ist ihm der massive Einsatz des AAB nicht recht", mutmaßt Nowara.

Zangerl ließ dem STANDARD indes ausrichten, er werde nicht klein beigeben: "Ich stehe zu meinen Aussagen, weil ich die Vorgangsweise von Türkis-Blau als zutiefst unsozial empfinde. Bei all den Maßnahmen handelt es sich um die größte geplante Umfärbeaktion in der Zweiten Republik."

Der Geschäftsführer der Tiroler Volkspartei, Martin Malaun, hält hinsichtlich des schimpfenden Parteikollegen fest: "Herr Zangerl bekleidet in der Tiroler Volkspartei keinerlei Funktion." Das er sich in seiner Rolle als AK-Präsident für die Arbeiternehmer einsetze, sei logisch. Die Art und Weise, wie Zangerl das macht, sei jedoch zu kritisieren, sagt Malaun: "Seine Wortmeldungen sind etwas tief." Dass sich auch mehrere Landtagsabgeordnete beim Thema Arbeitszeitgesetz übergangen und nicht gehört fühlen, kann er nicht nachvollziehen: "Die Arbeitnehmer sind bei der ganzen Geschichte immer eingebunden gewesen."

Zwei Parteiaustritte bei FPÖ

In Tirol erhält die türkise Bundes-ÖVP Unterstützung anscheinend nur mehr vom Wirtschaftsbund, dessen Obmann Franz Hörl alle Kritik an Kanzler Kurz brachial niederpoltert, und von der FPÖ. Deren Landesparteichef Markus Abwerzger empfiehlt Platter, auf den Tisch zu hauen: "Was haben Palfrader und Zangerl noch in dieser Partei verloren?"

Dass die Tiroler FPÖ mit Franz Ebster und Heribert Mariacher gerade selbst zweier hochrangiger Arbeitnehmervertreter verlustig gegangen ist, die aus Protest gegen die "unsoziale Politik" der türkis-blauen Regierung und den "Verrat der FPÖ" an den Arbeitnehmern aus der Partei austraten, tut er mit "persönlichen Gründen" ab. (Steffen Arora; 5.7.2018)