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Der katalanische Regionalpräsident Quim Torra (li.) bei Spaniens Premier Perdo Sánchez: Im "freundlichen und flüssigen" Gespräch verließ keiner seine Position.

Foto: AP Photo/Andrea Comas

Zweieinhalb Stunden nahm sich der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez am Montag im Madrider Regierungspalast La Moncloa Zeit für ein Gespräch mit dem katalanischen Regierungschef Quim Torra. Die lang erwartete Sitzung sei "freundlich und flüssig" verlaufen, erklärte die spanische Vizepremier Carmen Calvo später vor der Presse.

Das Treffen wurde allgemein als erster Schritt zur "Normalisierung Spaniens" gewertet. Die beiden Regierungschefs haben vereinbart, die im katalanischen Autonomiestatut vorgesehen "bilaterale Kommission" zu aktivieren, um dort Lösungen für die verfahrene Lage zwischen Madrid und Barcelona zu suchen.

Leicht wird der angestrebte Dialog sicher nicht. Während Sánchez vor allem über weitere Zugeständnisse bei der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen in Katalonien sowie den Ausbau der Kompetenzen der Autonomieregierung verhandeln will, verlangt Torra ein "Recht auf Selbstbestimmung". Er strebt ein Referendum über die Zukunft Kataloniens an, so wie es in Schottland durchgeführt wurde. "Die Regierung gibt nicht auf, was sie nicht aufgeben kann: nämlich die Verteidigung der verfassungsmäßigen Ordnung", wies Calvo dies zurück.

Dennoch war Torra nach dem Treffen einigermaßen zufrieden: Sánchez habe erkannt, dass es sich bei der Katalonienfrage um ein politisches Problem handle, das mit Politik und nicht mit der Justiz gelöst werden müsse. "Wir haben eine bilaterale Beziehung begonnen, die weitergehen wird", sagte er und beteuerte gleichzeitig, am Ziel der Unabhängigkeit festhalten zu wollen. Torra hat Sánchez zu weiteren Gesprächen eingeladen: in Barcelona.

Das letzte Treffen dieser Art hatte vor eineinhalb Jahren stattgefunden, ohne Verständigung zwischen dem damaligen konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy und dem Vorgänger Torras, Carles Puigdemont. Sie redeten aneinander vorbei.

Beziehungen auf Eis

Die Beziehungen zwischen Madrid und Barcelona sind seit Herbst 2012 so gut wie inexistent. Der damalige katalanische Regierungschef Arturo Mas fuhr damals nach Madrid, um ein neues Finanzsystem auszuhandeln. Er wollte, dass Katalonien dem Baskenland gleichgestellt wird. Die Basken treiben die Steuern selbst ein und führen dann einen Teil nach Madrid ab. Katalonien hingegen bekommt von den staatlichen Steuereinnahmen einen Teil zugewiesen. Dabei fließt wesentlich weniger zurück, als in der Region an Steuern eingenommen wird. Rajoy schickte Mas ohne Zugeständnisse nach Hause.

Dieser begann daraufhin die ständig wachsende Unabhängigkeitsbewegung zu unterstützen. 2014 führte seine Regierung eine erste Bürgerbefragung über die Loslösung von Spanien durch. Dieser Prozess endete unter Mas' Nachfolger Puigdemont mit dem einseitig durchgeführten Referendum am vergangenen 1. Oktober und der Unabhängigkeitserklärung vom 27. Oktober.

Rajoy stellte Katalonien mithilfe von Sánchez' Sozialisten unter Zwangsverwaltung. Sieben Exminister und Parlamentspolitiker sowie zwei Aktivisten sitzen wegen "Rebellion" und "Veruntreuung öffentlicher Gelder" in Untersuchungshaft. Sechs weitere Politiker, darunter Puigdemont, der in Berlin auf ein Urteil über einen spanischen Auslieferungsantrag wartet, befinden sich im Exil.

Die Opposition im spanischen Parlament griff Sánchez vor dem Treffen vom Montag scharf an. Die ehemalige Vize-Regierungschefin Soraya de Sáez de Santamaría verlangt, dass Sánchez keinen Zentimeter auf Torra zugehen soll. Sie wirft Sánchez vor, er sei gewillt, Torra Zugeständnisse zu machen, um so für die Unterstützung der katalanischen Abgeordneten beim Misstrauensvotum am 1. Juni zu bezahlen, die den Sozialisten an die Macht und den Partido Popular (PP) auf die Oppositionsbank brachte. Und der Chef der rechtsliberalen Ciudadanos, Albert Rivera, beschuldigt Sánchez, justament mit jenen zu verhandeln, die "unser Land liquidieren wollen". (Reiner Wandler, 9.7.2018)