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Liu Xia soll sich auf dem Weg nach Deutschland befinden.

Foto: REUTERS Fotograf: Nir Elias

Die Kunde von der Freilassung aus acht Jahren Sippenhaft und Hausarrest und die erlaubte Ausreise von Liu Xia, der Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, nach Berlin sprach sich am Dienstag innerhalb von zwei Stunden unter ihren Freunden herum. Obwohl Peking Nachrichtensperre verhängt hatte, bekundeten viele Dissidenten über Twitter ihre Freude, darunter die einst zu fünf Jahren Haft verurteilte und unter Überwachung stehende bekannte Autorin Gao Yu. "In zwei Tagen jährt sich der Tod ihres Mannes Xiaobo. Meine Tränen fließen." Andere schrieben: "Wir gratulieren zu der großartigen Nachricht." Viele veröffentlichten Liu Xias Gedichte im Internet.

Der Pekinger Dissident Hu Jia, der mit der 57-jährigen Künstlerin befreundet ist, sagte, er habe zuerst über den Kurznachrichtendienst We Chat von ihrem jüngerem Bruder Liu Hui erfahren, dass Liu Xia frei sei und auf dem Weg nach Deutschland. Hu Jia nannte ihre Ausreise das größte Geschenk für die seit 2010 widerrechtlich und in Sippenhaft festgehaltene Ehefrau. Es sei der "größte Wunsch" ihres am 13. Juli 2017 in einem Haftkrankenhaus gestorbenen Mannes gewesen: dass Sie ausreisen darf und endlich frei ist, was ihm nicht mehr vergönnt war. In den letzten Wochen seines Todeskampfes gegen Leberkrebs erlaubte Peking Liu Xia, an der Seite ihres Mann im Haftkrankenhaus von Shenyang zu sein.

Friedensaktivist Liu war 2008 verhaftet und 2009 zu elf Jahren Gefängnis als Mitverfasser des Freiheitsappells und Manifests für einen demokratischen Aufbruch, "Charta 08", als angeblicher Umstürzler verurteilt worden. 2010 wurde seine Frau nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an ihn unter Hausarrest gestellt.

In Europa "neues Leben beginnen"

In seiner We-Chat-Nachricht hat der 48-jährige Bruder von Liu Xia, der selbst nicht ausreisen darf, geschrieben: "Meine Schwester hat heute Mittag Peking verlassen, um nach Europa zu fliegen und ein neues Leben zu beginnen. Ich bedanke mich bei allen, die ihr in den letzten Jahren geholfen und sich um sie gekümmert haben. Ich rufe unsere Eltern (die nicht mehr leben) und meinem Schwager (gemeint ist Liu Xiaobo) zu: Macht Euch keine Sorgen mehr, und beschützt sie weiter. Ich wünsche Ihr ein zukünftiges Leben in Sicherheit und Freude."

Peking ließ Liu Xia heimlich zum Flughafen bringen, genau einen Tag nach den deutsch- chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin, die von Kanzlerin Angela Merkel und dem chinesischen Premier Li Keqiang geleitet wurden. Merkel hatte bei ihren vergangenen Besuchen in China mehrfach das Schicksal von Liu Xia direkt gegenüber Staatschef Xi Jinping und Premier Li angesprochen, ohne Antworten zu bekommen.

Deutsches Visum bereit

Doch die deutsche Botschaft in Peking war vorbereitet, um Liu Xia sofort ein Visum auszustellen. Unter den hunderten Kommentaren unter den online veröffentlichten Gedichten von Liu Xia erschienen am Dienstag zum Ärger Pekings auch dutzende Schreiben wie "Danke an Deutschland", Danke an Kanzlerin Merkel".

Liu Xia wurde in ihrem Pekinger Hausarrest immer wieder hingehalten. Die Ausreise war ihr seit Monaten von hohen Sicherheitsbeamten versprochen worden. Das Pekinger Außenministerium versicherte auf internationale Proteste öffentlich wider besseres Wissen, dass Liu Xia eine freie Bürgerin sei und es in China keinen Hausarrest gebe. Dass sie nun am Dienstag ausreisen durfte, kam auch für ihre engsten Freunde völlig überraschend. (Johnny Erling aus Peking, 10.7.2018)