EU-Ratstreffen vor der Kulisse Innsbrucks.

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Wenn heute, Donnerstag, die EU-Innenminister in Innsbruck zusammentreffen, steht ein weiteres Kapitel im Streit über die EU-Asylpolitik bevor. Beim Gipfel Ende Juni wurden zwar einige Streitthemen beigelegt, zumindest oberflächlich. Zum Beispiel konnte man sich darauf verständigen, dass es Aufnahmezentren für gerettete Flüchtlinge außerhalb der EU geben soll. Von dort sollen Menschen, die asylberechtigt sind, auf freiwilliger Basis in EU-Länder verteilt werden. Wo die Zentren sein sollen, ist aber unklar.

Interessant wird das Treffen in Innsbruck auch deshalb, weil erstmals in ihrer Funktion als Innenminister Italiens Matteo Salvini (Lega) und Deutschlands Horst Seehofer (CSU) an dem EU-Rat teilnehmen. Bereits am Vorabend trafen sich die beiden zum bilateralen Gespräch. Akuten Klärungsbedarf hat Seehofer nicht nur mit Italien, was die Rückführungen von Flüchtlingen dorthin betrifft. Auch mit Österreich herrscht noch Gesprächsbedarf. Politisch umstrittene Punkte in der europäischen Asylreform gibt es aber mehrere.

Wo und wie kann in der EU noch Asyl beantragt werden?

Im Vorfeld des Treffens sorgte ein Papier aus dem österreichischen Innenministerium für Schlagzeilen. Als Diskussionsvorschlag für den Rat in Innsbruck war darin davon die Rede, künftig gar keine Asylanträge innerhalb der EU mehr zu ermöglichen. Als Ziel war auch formuliert, dass es bis zum Jahr 2025 in Europa nur Asyl für jene geben solle, "die europäische Werte respektieren". Der Vorschlag widerspricht der Genfer Flüchtlingskonvention, wurde heftigst kritisiert und mittlerweile wieder zurückgezogen. Ein weiteres Dokument aus dem Innenministerium bringt "Rückkehrzentren in Drittstaaten" für negativ beschiedene Asylwerber ins Spiel, die nicht in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden können – zum Beispiel, weil ihnen die Herkunftsstaaten keine Papiere ausstellen.

Und wer nimmt nun welche Flüchtlinge in der EU zurück?

Matteo Salvini machte in jüngster Zeit mehrmals deutlich, was er davon hält, Flüchtende, die zwar in Italien gelandet, aber bereits innerhalb der EU weitergereist sind, zurückzunehmen: "Das ist das Letzte, was passieren wird", wetterte er in italienischen Medien. Auch will Salvini nicht nur privaten Seenotrettern, sondern auch Booten internationaler Missionen das Anlegen in italienischen Häfen verbieten. Er will damit eine Neuregelung der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer und eine weitere Verstärkung des Außengrenzschutzes erzwingen. Auch die EU-Kommission will im September einen Vorschlag zum Außengrenzschutz vorlegen.

Hat das etwas mit dem ominösen Dublin-System zu tun?

Die Dublin-Verordnung besagt, dass das EU-Land, in dem ein Migrant zuerst eingetroffen ist, auch für das Verfahren zuständig ist. Das betrifft vor allem Griechenland und Italien. Seit der Krise 2015 ist das Prinzip de facto außer Kraft gesetzt. Dass das Dublin-System einer Reform bedarf, darüber sind sich die Staats- und Regierungschefs einig. Über das Wie wird jedoch heftig gestritten. Die Quote, also die verpflichtende Verteilung von Flüchtlingen, wie die EU-Kommission sie vorgeschlagen hat, gilt als tot. Die betroffenen Länder machen sich wegen des Stillstands mittlerweile ans Ausarbeiten einzelner bilateraler Vereinbarungen. Menschenrechtsorganisationen betonen, dass neben dem Recht auf Asyl und dem Zugang zu einem Asylverfahren auch mehr Möglichkeiten der legalen Zuwanderung gewährleistet werden müssten.

Wie weit entfernt ist man von einer gemeinsamen Politik?

Die EU-Kommission schlug bereits vor drei Jahren eine umfassende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vor und stieß dazu sieben Gesetzesänderungen an. Davon sind fünf im Grunde reif zur Unterzeichnung, etwa die Einrichtung einer europäischen Asylbehörde oder der Ausbau der zentralen Migranten-Fingerabdruckdatei Eurodac. Kontrovers sind eben noch die Reform der Dublin-Regeln aber auch EU-weite Regeln zur Anerkennung von Asylbewerbern. Diese wären auch zum Beispiel die Voraussetzung für Aufnahmezentren außerhalb der EU. (red, 11.7.2018)