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Premier Babis erhielt das Vertrauen des Parlaments.

Foto: REUTERS/ MILAN KAMMERMAYER

Prag – Fast neun Monate nach den Wahlen hat der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš die obligatorische Vertrauensfrage im zweiten Anlauf überstanden. Für die Minderheitsregierung aus seiner populistischen Ano-Partei und der sozialdemokratischen ČSSD stimmten in der Nacht auf Donnerstag 105 der 196 anwesenden Abgeordneten. 91 stimmten gegen die Regierung.

"Das Parlament hat dem Kabinett sein Vertrauen ausgesprochen", sagte Parlamentspräsident Radek Vondráček nach der mehr als 16-stündigen Sitzung in Prag. Babiš kündigte in seiner Rede an, die tschechischen Interessen in Europa aktiv zu verteidigen. "Wir wollen keine Zuwanderung", sagte der Multimilliardär.

Novum seit 1989

Erstmals seit der demokratischen Wende kam die Mehrheit nur mithilfe der Kommunisten (KSČM) zustande. Dass diese erstmals seit 1989 wieder mitentscheiden dürfen, ist nicht unumstritten. Der frühere Innenminister Milan Chovanec (CSSD) etwa blieb der Abstimmung aus Gewissensgründen fern. Die konservative Opposition kritisierte das Tolerierungsabkommen mit den Kommunisten, die in ihrem Programm den Nato-Austritt fordern. "Bis wohin wird die Macht der Kommunisten reichen?", fragte der Vorsitzende der Bürgerdemokraten (ODS), Petr Fiala.

In Prag demonstrierten am Mittwochabend einige hundert Menschen, denen ebenfalls die kommunistische Unterstützung für die Regierung missfällt. Sie hielten Schilder wie "Stopp den Totalitarismus" und "Niemals StB und Kommunisten zurück". Als sich der Premier zu ihnen gesellte, pfiffen sie ihn aus und bewarfen ihn mit Gegenständen. Die Demonstranten warfen Babiš vor, vor der Wende mit der kommunistischen Geheimpolizei StB zusammengearbeitet zu haben. Babiš selbst hatte diesen Vorwurf bereits zuvor zurückgewiesen. Der gebürtige Slowake hatte außerdem die Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geklagt, wo die Stasi-Akten zu seiner Person verwaltet werden.

Langer Weg zur Regierungsbildung

Nach der Wahl im Oktober vergingen fast neun Monate bis zur Bildung einer Regierung. Potenzielle Koalitionspartner mieden den auch wegen Betrugsvorwürfen umstrittenen Multimilliardär zunächst. Gegen Babiš wurde wegen EU-Subventionen für sein Wellnessresort Storchennest strafrechtlich ermittelt. Er selbst hat jedes Fehlverhalten zurückgewiesen. Babišs Firma zahlte die Subvention in Höhe von 1,9 Millionen Euro schließlich im Juni freiwillig zurück.

Im Jänner hatte der 63 Jährige mit seinem ersten Kabinett die Vertrauensfrage verloren – noch ohne Unterstützung anderer Koalitionspartner. Die tschechische Verfassung sieht vor, dass sich der Ministerpräsident innerhalb von 30 Tagen nach der Vereidigung der Vertrauensabstimmung stellt. Nach der Niederlage im Jänner ernannte Präsident Miloš Zeman Babiš ein zweites Mal für das Amt.

Im Juni war es Babiš zwar gelungen, eine Minderheitsregierung mit den Sozialdemokraten zu bilden, mit nur 93 im 200 Sitze zählenden Parlament war diese aber auf Unterstützung der mit 15 Abgeordneten vertretenen Kommunistischen Partei angewiesen. Die Kommunisten hatten ihre Unterstützung an die Bedingung geknüpft, im Gegenzug Posten in großen staatlichen Unternehmen zu erhalten. (APA, 12.7.2018)