Sie können Krankheiten übertragen, heimische Arten verdrängen, Schäden in Land- und Forstwirtschaft verursachen oder einfach lästig sein: Neozoen sind Tiere, die unter direkter oder indirekter Mithilfe des Menschen in ein Gebiet gelangten, in dem sie ursprünglich nicht heimisch waren. In Österreich gibt es derzeit rund 650 Neozoen. Knapp 50 davon gelten als naturschutzfachlich bedenklich, etwa 150 Neozoen haben negative wirtschaftliche Folgen. Allerdings sind die Auswirkungen vieler neuer Arten noch nicht ausreichend erforscht. Andere haben sich schon stark bemerkbar gemacht – wie diese sieben kleinen Zuzügler.

Asiatische Tigermücke: Gestreifte Gesundheitsgefahr

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) stammt aus Süd- und Südostasien. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gelangten ihre Eier in gebrauchten Autoreifen unbemerkt nach Europa. 1979 wurde sie aus China nach Albanien eingeschleppt, 1990 aus den USA nach Italien. Von dort breitete sie sich in Süd- und Mitteleuropa aus und hat mittlerweile auch Österreich erreicht: 2012 wurde sie in der Südsteiermark nachgewiesen.

Seinen Namen hat das Insekt von den weiß-schwarzen Streifen, die sich auch auf den Beinen fortsetzen. Allerdings haben auch manche einheimischen Stechmücken gestreifte Beine. Die Tigermücke saugt Blut an Menschen und diversen Tieren. Dabei kann sie Chikungunya- und Dengue-Fieber sowie Dirofilarien, parasitische Fadenwürmer, übertragen. Außerdem steht sie im Verdacht, das Zika-Virus zu verbreiten. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) führt deshalb seit 2011 in Kooperation mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein Gelsen-Monitoring durch. Dabei werden an 37 Standorten in ganz Österreich Stechmücken gesammelt und auf bestimmte Erreger untersucht. Vorläufig tritt die Art in Österreich allerdings nur vereinzelt auf (am häufigsten entlang der Inntal-Autobahn in Tirol), und die Gefahr, von ihr gestochen zu werden, ist entsprechend gering.

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Marmorierte Baumwanze: Harmlose Stinktiere

Die Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys) stammt ursprünglich aus Ostasien. Sie ist etwa 15 Millimeter groß und braun-grau marmoriert. Aus ihrer asiatischen Heimat gelangte sie vor rund 20 Jahren, wahrscheinlich mit Transportkisten, nach Nordamerika, von wo aus sie sich mithilfe von Pflanz- und Verpackungsmaterial rasch ausbreitete. In Europa ist sie seit 2004 nachgewiesen, in Österreich erst seit 2015.

Die Insekten ernähren sich vom Saft diverser Pflanzenarten. Über ihren Saugrüssel gelangt ein Enzym in die Pflanze, das dazu führen kann, dass sich deren Früchte verfärben und verformen. Außerdem können befallene Pflanzenteile absterben oder vorzeitig abfallen. Im Herbst suchen die Wanzen nach Überwinterungsquartieren, wobei sie sich oft an sonnigen Plätzen wie Hausfassaden und Fenstern versammeln und ein stinkendes Sekret verbreiten, wenn man ihnen zu nahe kommt. 2016 sorgten solche Ansammlungen an und in Häusern in Wien stellenweise für Aufsehen. Für Menschen sind die Tiere jedoch völlig harmlos.

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Asiatischer Marienkäfer: Gezüchteter Weinliebhaber

Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) stammt aus Ostasien und ernährt sich wie seine europäischen Verwandten von Blatt- und Schildläusen. Allerdings kann er von denen fünfmal so viele vertilgen, weshalb er in großen Mengen als natürlicher Schädlingsbekämpfer gezüchtet wurde. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurde er in den USA erfolgreich in Glashauskulturen eingesetzt, ab den 1990er-Jahren auch in Europa. Aus den Glashäusern entkam er allerdings, und mittlerweile ist er in weiten Teilen der USA, in Europa und in Südamerika auch im Freiland etabliert. In Österreich ist er seit 2006 aktenkundig. Inzwischen ist er einer der häufigsten Käfer und gefährdet die Vielfalt der heimischen Marienkäfer: Er ist größer als die meisten und vermehrt sich rascher. Außerdem frisst er auch deren Eier und Larven.

Ein Problem stellen die Zuzügler auch für den Weinbau dar: Im Herbst fressen sie sich in die Trauben. Werden sie mit diesen verarbeitet, kann ein Abschreckstoff, den sie enthalten, zur geschmacklichen Beeinträchtigung des Weines führen. Dafür genügen ein bis zwei Käfer pro Kilogramm Trauben bei Weißweinen und fünf bei Rotweinen.

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Maiswurzelbohrer: Der Milliarden-Dollar-Käfer

Der Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera virgifera) stammt aus Nordamerika. In den 1990er-Jahren wurde er vermutlich mit Militärflugzeugen nach Serbien eingeschleppt und breitete sich von dort weiter aus. Österreich erreichte er 2002. Die Hauptflugzeit der fünf bis sechs Millimeter großen Käfer erstreckt sich von Juli bis September. Ein Weibchen legt 300 bis 400 Eier in den Boden von Maisfeldern, wo diese überwintern. Im Frühling schlüpfen die Larven, die mit zunehmender Größe immer stärkere Wurzeln des Mais fressen. Nach ihrer Verpuppung im Boden arbeiten sie sich als fertige Käfer an die Oberfläche.

Die größten Schäden entstehen durch die Larven, die die Wurzeln fressen. Das beeinträchtigt den Wasser- und Nährstofftransport der Pflanzen, begünstigt Pilzinfektionen und führt häufig zum Verlust der Standfestigkeit. Die enormen Kosten, die die Bekämpfung der Insekten in den USA verursacht, haben ihnen dort den Spitznamen "Milliarden-Dollar-Käfer" eingebracht.

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Varroamilbe: Die Feindin der Honigbiene

Die Varroamilbe (Varroa destructor) war ursprünglich auf das tropische Ostasien beschränkt, wo sie an der Östlichen Honigbiene parasitierte. Als dort europäische Honigbienen eingeführt wurden, ging sie auch auf diese über. Mittlerweile ist sie außer in Australien und der Antarktis weltweit verbreitet. In Europa gibt es sie seit den 1960er-Jahren, in Österreich seit ca. 1980. Die Milben leben ausschließlich in Bienenstöcken bzw. auf Bienen, wobei nur die rund 1,5 Millimeter großen Weibchen überhaupt in Erscheinung treten. Sie schlüpfen in die Brutzellen der Bienen, kurz bevor diese zur Verpuppung verdeckelt werden, und saugen an der Bienenlarve darin. Nach einiger Zeit beginnen sie mit der Eiablage. Das erste Ei entwickelt sich zu einem Männchen, die folgenden zu Weibchen. Wenn sie geschlechtsreif sind, paaren sich die Geschwister untereinander, wonach das Männchen stirbt.

Die fertig entwickelten Weibchen verlassen die Wabe mit der schlüpfenden Biene nach etwa zwölf Tagen. Sie wechseln dann auf andere Bienen über und saugen deren Blut. Befallene Bienen sind oft verkrüppelt, verlieren Gewicht und weisen eine verringerte Lebensdauer und erhöhte Anfälligkeit für Viren und Bakterien auf.

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Signalkrebs: Widerstandsfähiger Flussbewohner

Der Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) stammt aus dem Westen Nordamerikas und wurde absichtlich nach Europa importiert. Mitte des 20. Jahrhunderts dezimierte nämlich die Krebspest, eine aus Amerika eingeschleppte Pilzerkrankung, die gastronomisch wichtigen heimischen Edelkrebsbestände massiv- der ebenfalls schmackhafte Signalkrebs ist jedoch gegen die Pilzinfektion weitgehend immun. 1959 wurde er erstmals nach Schweden importiert, 1970 in Österreich ausgesetzt.

Was man damals nicht wusste: Der Signalkrebs und andere invasive nordamerikanische Arten wie der Rote Amerikanische Sumpfkrebs und der Kamberkrebs erkranken zwar nicht an der Krebspest, übertragen sie aber und dezimieren dadurch die heimische Krebsfauna weiter. Zusätzlich ist der Signalkrebs widerstandsfähiger als die einheimischen Arten, wächst rascher, hat mehr Nachkommen und ist aggressiver, sodass er die ansässigen Krebse in vielen österreichischen Gewässern bereits verdrängt hat. Eine Untersuchung in Wien im Sommer 2017 zeigte, dass er die Donau, den oberen Wienfluss inklusive seiner Zubringer sowie die Liesing bereits völlig eingenommen hat.

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Großer Höckerflohkrebs: Kräftiger Donau-Konquistador

Ein Beispiel dafür, wie rasch manche gebietsfremde Arten einen neuen Lebensraum besiedeln können, liefert der ursprünglich aus der Gegend zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer stammende Große Höckerflohkrebs (Dikerogammarus villosus): Der circa zwei Zentimeter große Krebs, der zur Gruppe der Flohkrebse oder Amphipoda gehört, wurde 1989 zum ersten Mal in der österreichischen Donau nachgewiesen und breitete sich in der Folge rasant aus. Innerhalb zweier Jahre kam er im gesamten österreichischen Donau-Abschnitt vor, einige Jahre später unter anderem in der March und der Traun.

In den Gewässern verdrängt er die einheimischen Flohkrebs-Arten wie den Bachflohkrebs (Gammarus fossarum) und den Flussflohkrebs (Gammarus roeseli). Im Unterschied zu diesen, die vorwiegend von Falllaub und Algen leben, ist Dikerogammarus villosus ein hocheffizienter Räuber, der mit seinen kräftigen Mundwerkzeugen diverse Tiere erbeutet, darunter sehr gerne seine kleineren und schwächeren Verwandten. (Susanne Strnadl, 14.7.2018)

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