Wo die Betreuungsquoten niedrig sind, sind Mütter seltener berufstätig, während höhere Betreuungsanteile mit höheren Müttererwerbsquoten einhergehen.

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Die Bundesregierung plant Kürzungen bei der Kinderbetreuung. Statt 140 sollen nurmehr 110 Millionen Euro zu diesem Zweck vom Bund an die Länder fließen. Relativ einhellige Ablehnung gab es dieser Maßnahme gegenüber quer durch das ideologische Spektrum: von ÖGB und Arbeiterkammer genauso wie von Neos und der wirtschaftsliberalen Agenda Austria. Selbst ÖVP-geführte Länder meldeten sich skeptisch zu Wort.

Ein zentraler Kritikpunkt an den geplanten Kürzungen ist, dass fehlende Kinderbetreuungsplätze dazu führen, dass vor allem Mütter langsamer (wenn überhaupt) den Wiedereinstieg in den Arbeitsprozess finden und dadurch auch langfristig Abstriche bei Gehalt und Aufstiegschancen machen müssen.

Tatsächlich gibt es auf der Makroebene einen robusten Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an Kinderbetreuung und der Berufstätigkeit von Müttern. Die Grafik unten zeigt anhand von Daten der OECD die Korrelation zwischen der Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren und der Erwerbsquote von Müttern mit Kindern bis 14 Jahren.

Wo die Betreuungsquoten niedrig sind (wie etwa in vielen osteuropäischen Staaten), sind Mütter seltener berufstätig, während höhere Betreuungsanteile (etwa in Dänemark, den Niederlanden oder Belgien) mit höheren Müttererwerbsquoten einhergehen.

Natürlich gibt es auch Ausreißer: Malta hat ähnlich viele Kleinkinder in Betreuung wie die Niederlande, aber dennoch um 18 Prozentpunkte weniger berufstätige Mütter. Umgekehrt ist Österreich ein Fall, wo die Müttererwerbsquote mit 76 Prozent angesichts der mageren Betreuungsquote recht hoch ist. Erklärbar ist das mit dem hierzulande vergleichsweise hohen Teilzeitanteil am Müttererwerb (nur Deutschland und die Niederlande haben höhere Werte).

Dennoch legt die Grafik – wie auch die Intuition – den Schluss nahe, dass ein besser ausgebautes Kinderbetreuungsangebot die Erwerbstätigkeit von Frauen steigert. Umso interessanter ist es, dass die wissenschaftliche Evidenz dafür nicht so eindeutig ausfällt. Während Untersuchungen aus Kanada, Argentinien, Deutschland und den Niederlanden einen positiven kausalen Effekt finden (mehr Kinderbetreuung führt zu mehr Erwerbsbeteiligung von Frauen), zeigen Studien aus den USA und Norwegen keinen solchen Zusammenhang.

Das mag auch daran liegen, dass mögliche Effekte von der genauen Ausgestaltung des Kinderbetreuungsangebots (Qualität, Kosten, Erreichbarkeit, Öffnungszeiten) und von einer Reihe individueller und kultureller Faktoren abhängen. Zudem kann es sein, dass der Ausbau institutioneller Kinderbetreuung einfach nur informellere Arrangements (Tageseltern, Großeltern) ersetzt und deswegen nicht zu höherer Erwerbstätigkeit bei Müttern führt.

Mehr Kinderbetreuung muss also nicht in allen Fällen zu schnellerem Wiedereinstieg von Frauen führen. Man kann aber getrost davon ausgehen, dass eine Kürzung der Mittel diesem Ziel noch viel weniger zuträglich ist. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 13.7.2018)