Olivier Giroud trifft den Kasten nicht. Macht auch nichts.

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Moskau – Olivier Giroud wartet bei der Fußball-WM noch immer auf sein erstes Tor. Für einen Stürmer fällt sein Statistik-Zeugnis auf den ersten Blick ungenügend aus. Doch Frankreichs vorderster Angreifer stellt sich voll in den Dienst der Mannschaft und bekommt dafür Lob von seinen Mitspielern. Ein Mittelstürmer, der nicht trifft, war für die Equipe tricolore schon in der Vergangenheit ein gutes Omen.

"Er ist vielleicht frustriert, weil er nicht getroffen hat, aber das Wichtigste ist, dass die Mannschaft gewinnt", sagt Girouds Kollege Blaise Matuidi. "Es fällt vielleicht nicht so auf, aber das Team braucht ihn, selbst wenn er nicht trifft", bemerkte Trainer Didier Deschamps. Und Giroud selbst? "Wenn ich nicht treffe, und wir werden Weltmeister, wäre mir das auch recht", sagte der 31-Jährige.

"Ich bin nicht frustriert"

Er stelle sich lieber in den Dienst der Mannschaft. "Ich bin nicht frustriert. Wir stehen im Finale, daher kann ich nur glücklich sein. Ich versuche, Lücken für meine Teamkollegen zu schaffen", betonte Giroud. Er zeige in Russland eben seine altruistische Seite, betonte der bärtige Stoßstürmer mit einem Lächeln. Selbstlosigkeit im Sinne des Teams.

Obwohl Giroud bereits 31 Treffer im Trikot mit dem Hahn erzielt hat, ist er Kritik durchaus gewohnt. Vor der EM 2016 in Frankreich musste ihn Coach Deschamps verteidigen, vor einem Jahr wieder, ehe dieser beim 5:0 gegen Paraguay in einem Testspiel den ersten Triplepack seiner Nationalmannschaftskarriere machte. Es war das erste Mal seit David Trezeguet im August 2000, dass ein Franzose dreimal in einem Spiel traf.

Vor dem WM-Finale am Sonntag (17.00 Uhr MESZ) im Moskauer Luschniki-Stadion gegen Kroatien steht Giroud wegen seiner Torlos-Serie wieder im Blickpunkt. Sein Visier hatte der Stürmer wohl tatsächlich schon einmal besser eingestellt: 14 Torversuche in 465 gespielten Minuten, nur einer davon ging auch auf das gegnerische Tor, neun verfehlten das Ziel, fünf wurden geblockt.

Mittelstürmer klassischer Prägung

Giroud ist ein Mittelstürmer klassischer Prägung. Der englische Topclub Chelsea, zu dem er zu Jahresbeginn vom Stadtrivalen Arsenal gewechselt war, bewirbt ihn als "physisch starken Angreifer", der "gefährlich in der Luft und eiskalt mit den Füßen im Strafraum ist". Giroud ist 1,92 Meter groß, ein Hüne. "Man kann nicht von ihm verlangen, dass er sich den Ball nimmt und drei Leute umspielt", sagte Deschamps einmal.

Die Spielweise der Franzosen fußt auf einer starken Defensive, auch einer wie Giroud muss in der eigenen Hälfte aushelfen. Nach dem Halbfinalsieg gegen Belgien betonte auch Deschamps, welch große Rolle Giroud in der taktischen Ausrichtung gespielt habe. Laute Kritik sei deplatziert, so Matuidi. "Er war vielleicht noch nicht erfolgreich vor dem Tor, aber er arbeitet viel, es ist super für uns", meinte Matuidi.

Und dann ist da noch diese Parallele zu 1998, als die Franzosen im eigenen Land zuletzt Weltmeister wurden. Auch damals erzielte Mittelstürmer Stephane Guivarc'h kein Tor, auch Christophe Dugarry traf nur einmal. Giroud will sich mit der Vergangenheit nicht beschäftigen, es zählt das Hier und Jetzt. "Wenn wir diese Solidarität und kollektive Stärke bis zum Ende beibehalten, weiß ich nicht, was uns stoppen könnte. Ich hoffe aus ganzem Herzen, dass wir unser Spiel auch im Finale durchziehen." Nachsatz: "Vielleicht mit etwas mehr Präzision im Abschluss." (APA; 14.7.2018)