Boris Johnson schreibt wieder für den "Daily Telegraph".

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Theresa May steht mit ihrer "sanften" Brexit-Position weiter unter Beschuss aus der eigenen Partei. Sogar die EU-freundliche frühere Bildungsministerin Justine Greening sprach von der "schlechtestmöglichen Variante" und schloss sich erstmals Oppositionsforderungen nach einem zweiten Referendum an. Brexit-Ultras wollten zudem am Montagabend gegen Mays Zollgesetz stimmen.

Zur Enttäuschung der Brexiteers blies allerdings der zurückgetretene Außenminister Boris Johnson den erwarteten Frontalangriff auf die Premierministerin ab: In der Comebackkolumne des gelernten Journalisten für den Daily Telegraph war nicht, wie in seinem Rücktrittsschreiben, vom "sterbenden Brexit-Traum" und Großbritanniens zukünftigem Status als "Kolonie" die Rede. Vielmehr beschwor der 54-Jährige altbekannte Slogans wie jenen eines "globalen Britannien" und predigte Selbstbewusstsein.

Die Johnson zustehende Rücktrittsrede im Unterhaus – ein probates Mittel für Rebellen, ihre eigene Regierung sturmreif zu schießen – verschob er auf voraussichtlich Mittwoch.

In Brüssel begannen unterdessen Fachgespräche der Verhandlungsdelegationen. Am Donnerstag trifft der neue Brexit-Minister Dominic Raab mit EU-Chefunterhändler Michel Barnier zusammen. Man sei auf einen "langen Brüsseler Sommer" eingestellt, heißt es in London. Ohne Urlaub.

Keine Mehrheit in Sicht

Hingegen zieht sich das Unterhaus am kommenden Mittwoch (25. Juli) für sechs Wochen in die Ferien zurück. Verschwörern gegen May bleiben deshalb nur noch wenige Tage Zeit für eine seit langem diskutierte Vertrauensabstimmung. Allerdings gilt bisher eine Mehrheit gegen May als unwahrscheinlich, geschweige denn eine Mehrheit für den als sprunghaft geltenden Johnson.

Während aber der einstige Brexit-Frontman brillant auf der Medienklaviatur zu spielen weiß, lässt Mays politische Kommunikation zu wünschen übrig. Dabei hätte ihr Donald Trump ungewollt Schützenhilfe geboten: Der US-Präsident berichtete protokollwidrig aus seinem Gespräch mit Königin Elizabeth II, doch May beschränkte sich auf einen vergleichsweise milden Tadel, statt die Lage besser für sich zu nutzen. (Sebastian Borger aus London, 16.7.2018)