Tritt gegen das Schächten auf: FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl.

Foto: newald

Wien / St. Pölten – Die Pläne des niederösterreichischen FPÖ-Landesrats Gottfried Waldhäusl bezüglich neuer Richtlinien für das Schächten von Tieren sorgen weiter für Aufregung. Künftig soll demnach der Export von koscher geschlachtetem Fleisch verboten sein und auch der Zugang zu koscherem Fleisch massiv eingeengt werden, berichtete die "Wiener Zeitung" unter Berufung auf die Israelitische Kultusgemeinde (IKG). Zuständig für den Tierschutz ist Waldhäusl.

Rote Initiative

Interessantes Detail: Das entsprechende Informationsschreiben unter "Betrifft: § 32 Tierschutzgesetz; Schlachten ohne Betäubung vor dem Blutentzug (Rituelle Schlachtung)" stammte noch vom niederösterreichischen SPÖ-Landesrat Maurice Androsch. Es erging am 20. September 2017 an alle Bezirkshauptmannschaften und die Magistrate der Statutarstädte. Das Schreiben liegt der APA vor.

Darin heißt es unter anderem: "Festzuhalten ist jedoch, dass die Prüfung gemäß Tierschutzgesetz, ob 'zwingende religiöse Gründe' vorliegen, immer auf den Einzelfall, auf die konkrete Person bezogen, zu erfolgen hat, da es denkbar ist, dass für einzelne Personen die Vorschriften der Glaubensgemeinschaft aus persönlicher Überzeugung keinen zwingenden Charakter haben. Die 'zwingenden religiösen Gründe' haben daher immer eine maßgebliche persönliche Komponente, die bloße Religionszugehörigkeit genügt nicht den Bewilligungsvoraussetzungen."

Und weiter: "Als Bewilligungswerber kommen ausschließlich: Einzelpersonen, welche für sich das Vorliegen zwingender religiöser Ge- und Verbote geltend machen in Betracht." Die Zugehörigkeit zu einer anerkannten Religionsgemeinschaft könnte in der Praxis folgendermaßen dargelegt werden: "Auszüge aus einem Mitgliederverzeichnis, Vorlage eines Meldezettels, auf welchem das Religionsbekenntnis enthalten ist, diverse Dokumente, aus denen die Religionszugehörigkeit zweifelsfrei hervorgeht, etc.", wird aufgelistet.

Bloße Zugehörigkeit zu Religionsgemeinschaft nicht ausreichend

"Zu beachten ist allerdings, dass teilweise nur wenig außenwirksame/förmliche Akte erforderlich sind, um einer Glaubensgemeinschaft beizutreten. Eine bloße Berufung auf die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft wird jedenfalls nicht ausreichend sein", heißt es außerdem.

Das Informationsschreiben war eine der letzten Amtshandlungen von Androsch als niederösterreichisches Regierungsmitglied. Androsch hatte am 20. September 2017 seinen letzten Arbeitstag als Landesrat. Am 21. September folgte ihm SPÖ-Landesvorsitzender Franz Schnabl in dieser Funktion, der nach der Landtagswahl im Jänner dieses Jahres zum Landeshauptfrau-Stellvertreter aufgestiegen ist.

In der Kultusgemeinde ist man jedenfalls empört. Am Montagabend hatte IKG-Präsident Oskar Deutsch den Kultusvorstand von Waldhäusls Absichten informiert. Künftig, so seine Befürchtung, dürften nur noch Juden koscheres Fleisch kaufen, die zuvor namentlich erfasst wurden und die nachweisen könnten, dass sie immer koscher essen, "denn das Recht der freien Religionsausübung sei nur ein individuelles". Seitens des Amts werde nämlich argumentiert, man wisse, dass es religiöse und nicht so religiöse Juden gebe. Eine solche Regelung würde auch gegen den Datenschutz verstoßen. In der "Wiener Zeitung" wird Deutsch mit den Worten zitiert: "Das ist wie ein negativer Arier-Paragraf."

Waldhäusl hält Kritik für "überzogen"

Der blaue Landesrat Waldhäusl hält die Befürchtungen der IKG für "überzogen". Es gehe, sagte er zum ORF Niederösterreich, "nur darum, das Schächten so stark wie möglich einzudämmen. Von einem Verbot war nie die Rede. Mein Ziel ist, das Schächten auch an den Wohnsitz zu knüpfen." Dann könnte ein Wiener nicht mehr in Niederösterreich schächten, argumentiert der Landesrat.

Für Deutsch gehört das Schächten – neben der Beschneidung – zu den Grundpfeilern des jüdischen Glaubens. "Wenn Juden in Österreich leben wollen, dann muss das möglich sein", ärgert er sich im Gespräch mit dem STANDARD.

ÖVP irritiert

Die niederösterreichische Entscheidung erinnere ihn an Zeiten, "an die ich mich nicht erinnern möchte", sagt Deutsch. Er will nun das Gespräch mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) suchen. Ändere das Gespräch mit Mikl-Leitner nichts, wolle Deutsch "auch mit dem Kanzler reden, wenn das notwendig ist".

Klaus Schneeberger, Klubobmann der ÖVP im Landtag, hat am Dienstagabend gegenüber der APA erklärt, dass selbstverständlich niemand registriert werde, der koscheres Fleisch kaufen wolle. Derartiges werde es nicht geben.

"Die Regelungen bezüglich Schächten sind im Tierschutzgesetz des Bundes geregelt", erläuterte Schneeberger. Nur die Vollziehung obliege den Ländern. Solange das Gesetz nicht geändert werde, "werden wir an einem Erlass arbeiten, der keine Listung etc. zulässt". Der Klubchef: "Wir werden eine Lösung finden, damit die Bedenken des IKG-Präsidenten nicht eintreten."

Betroffen von den neuen Vorgaben wäre auch die muslimische Community – wohl der wahre Adressat dieses Vorhabens. Denn schon im März dieses Jahres hatte FPÖ-Mann Waldhäusl angekündigt, mit dem Bund verhandeln zu wollen, um das legale Schächten zu beenden: Dieses schreckliche Ritual unter dem Deckmantel der freien Religionsausübung dürfe nicht länger durchgeführt werden.

Kritik von SPÖ und Liste Pilz

Scharfe Kritik angesichts der geplanten Richtlinien zum Schächten kam am Mittwoch von SPÖ-Chef Christian Kern: "Diese Registrierung erinnert an die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte", ließ er in einer Aussendung zu den Absichten von FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl wissen und forderte dessen sofortigen Rücktritt. Für die Liste Pilz gehen die Pläne hingegen nicht weit genug.

"Viel schwerer" wiegt für Kern aber "das dröhnende Schweigen" von Bundeskanzlers Sebastian Kurz (ÖVP) "zu den permanenten Attacken der FPÖ gegen die Grundsäulen unserer Republik". Umso wichtiger sei es, "dass Opposition und Zivilgesellschaft laut ihre Stimme erheben und eben nicht schweigen, wenn die offene, liberale und demokratische Gesellschaft von Rechtspopulisten unter Sturmfeuer genommen wird".

Ganz anders lautet die Reaktion der Liste Pilz. Deren Abgeordnete Daniela Holzinger bezeichnete das Schächten als "brutales und unnötiges Vorgehen". Die Pläne des Landes Niederösterreich, dieses Vorgehen nun weitestgehend einzuschränken und nur streng gläubigen Juden oder Muslimen Zugang zu dieser Art von Fleisch zu ermöglichen, gehen der Gesundheitssprecherin daher "nicht weit genug". (APA, pm, 18.7.2018)