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Die Exportnachfrage und der private Konsum stützen die Konjunktur. Der Prognose liegt die Erwartung einer weiterhin soliden Expansion der Weltwirtschaft zugrunde.

Foto: AP/Heimken

Wien – Eine "ökonomische Übung" nennt IHS-Chef Martin Kocher die aktuelle mittelfristige Prognose für Österreich. Denn erstens kommt es oft anders und zweitens, als man denkt, wenn man bis 2022 in die konjunkturelle Kristallkugel blickt.

Die Wirtschaftsforscher gehen aber von robusten 1,9 Prozent Wachstum pro Jahr für Österreich aus, etwas mehr als im EU-Schnitt. Käme es anders, dann eher im negativen Sinne: Die größte Drohkulisse sei der globale Handelskonflikt. Aber der Ausblick identifiziert auch Chancen. Das Wichtigste im Überblick:

  • Steuerreform: Dank des soliden Wachstums erwartet sich das IHS steigende Budgetüberschüsse von bis zu 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2022. Für eine substanzielle Steuerreform reiche das trotzdem nicht, ohne sich zu verschulden. Maastrichtkriterien sowie die eigene Schuldenbremse Österreichs stecken die Grenzen ab. Die Alterung der Bevölkerung würde außerdem das Budget mittelfristig "merklich belasten".
  • Sinkende Arbeitslosigkeit: Die Beschäftigung in Österreich entwickelt sich dank der Konjunktur besser als noch vor einem Jahr erwartet. Bis 2022 soll die Arbeitslosenquote von 8,5 Prozent im Vorjahr auf 7,5 sinken. Das liegt immer noch über dem Niveau vor der Krise. Arbeitgeber finden nicht die passenden Leute. Daher würde auch eine Arbeitszeitverkürzung nicht viel helfen. "Wenn die IT-Fachfrau zwei Stunden die Woche weniger macht, bekommt der arbeitslose Bauarbeiter nicht eher eine Stelle", sagt Ökonom Helmut Hofer. Wichtig seien Investitionen in Bildung, vor allem im frühkindlichen Alter.

  • Handelskonflikt als Risiko Derzeit hat Präsident Donald Trump Zölle auf vier Prozent aller US-Importe verhängt, Zölle auf weitere 20 Prozent der Einfuhren, wie europäische Autos und chinesische Konsumartikel, sind in der Pipeline. Bisher reagierten Handelspartner "Auge um Auge". Eine weitere Eskalation würde die Weltwirtschaft und somit auch Österreich treffen. Wirklich verheerend wäre eine Zerschlagung des regelbasierten Systems der Welthandelsorganisation. Das sei aber aus heutiger Sicht nicht wahrscheinlich, schätzt Hofer.
  • Budget ohne Briten: Unter Österreichs Ratsvorsitz steht der Finanzrahmen von 2021 bis 2027 auf der Agenda. Der ebenfalls anstehende Brexit könnte zehn Milliarden Euro kosten. Die Lücke biete aber die Chance, die Finanzen der EU grundsätzlich umzugestalten, sagt Ökonom Benjamin Bittschi.

    Dabei müsse man von der Nettozahlerdebatte wegkommen. Zur Illustration: Von 100 erwirtschafteten Euro in Österreich fallen 50 Euro der öffentlichen Hand zu. Ein Euro davon geht an die EU, 75 Cent fließen wieder zurück ins Land. Bei der von Österreich geforderten Sparvariante geht es um einen Cent, symbolisch gesprochen. Dabei habe die Regierung mit der Forderung nach mehr Subsidiarität einen guten Ansatz, sagt Bittschi.

    Konsequenterweise müsste man neu ordnen, was auf EU- und was auf Länderebene geregelt werden soll. Aus ökonomischer Sicht sei klar, dass Themen wie Agrarförderung, ausgerechnet der größte EU-Posten, besser auf nationaler Ebene aufgehoben wären. Schließlich endet das Interesse des einzelnen Bauern an der Landesgrenze. Auch gibt es durchaus unterschiedliche Präferenzen der jeweiligen Bevölkerung, wie viel Geld in den Agrarsektor fließen soll.

    Umgekehrt wäre es effizient, die EU-weiten Bereiche in Brüssel zusammenzufassen: In erster Linie sind dies Asylpolitik, Verteidigung und Infrastruktur. Statt in Nettokosten müssten Politiker aber in Nettonutzen denken. (slp, 18.7.2018)