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Tierschutz darf nicht für rassistische Botschaften missbraucht werden.

Foto: REUTERS/Kacper Pempel

In den vergangenen Wochen und Monaten ist der niederösterreichische FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl immer wieder mit eigenwilligen Sujets und abstrusen Forderungen in sozialen Netzwerken aufgefallen. Und hat es damit geschafft, nicht nur Aufregung in die große Gruppe der Tierfreunde zu bringen, sondern den Tierschutz zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung zu machen. Doch um das Tierwohl geht es dabei so gut wie nie.

Da war die Rede von "ausländischen Hunden", die heimischen Tieren angeblich Plätze in Tierheimen wegnehmen würden. Da wurde vom Schweinefleisch als österreichischem Kulturgut fabuliert, das ausländische Erntehelfer als Nahrung ablehnen würden. Da wurde schließlich wieder einmal eine Debatte ums Schächten entflammt, inklusive so abscheulicher Überlegungen wie der "Registrierung" von jüdischen Konsumenten.

Nichts bewegt sich

Es ist kein Zufall, dass Rechtsnationalisten auch den Tierschutz bedienen, um ihre Menschen- und Weltbilder zu verbreiten. Der Tierschutz ist vielen Menschen ein großes Anliegen. Bis zu 500.000 Österreicher unterstützen regelmäßig einschlägige Projekte, Initiativen und Organisationen, die sich dem Schutz der Tiere verschrieben haben. Auf politischer Ebene hingegen gibt es kaum Niederschlag.

So zerschellen parlamentarische Anträge zur Änderung bestehender Missstände regelmäßig an der Blockade der ÖVP, die seit Jahren ein Garant für Stillstand ist. Doch auch die FPÖ, die sich vor der letzten Wahl regelrecht als Tierschutzpartei inszeniert hatte, inklusive eines persönlichen Versprechens von Obmann Heinz-Christian Strache, das Thema zur "Chefsache" zu machen, hat plötzlich alles vergessen. Nichts bewegt sich.

Die "Lebensart" Fleischkonsum

Stattdessen poppen in regelmäßigen Abständen abstruse Vorschläge und Vorwürfe aus den Bundesländern auf, in denen der Tierschutz als Vorwand für Hetze gegen Bevölkerungsgruppen genutzt wird. Muslime, die kein Schweinefleisch essen, Juden, die grausam schächten, oder allgemein Fremde, die "unsere Lebensart" nicht annehmen wollen würden, die für die FPÖ offenbar aus Tierfabriken und Fleischkonsum besteht.

Eine recht durchsichtige politische Agenda, auf deren Zug aus Unwissenheit oder Opportunismus leider immer wieder auch Menschen aufspringen, die eigentlich ganz und gar nicht in der Nähe der Rechtsnationalen zu verorten sind. Echter Tierschutz hingegen ist mit Rassismus unvereinbar. Weil hinter dem Anspruch vieler Menschen, das Leid und Elend der Tiere zu lindern und zu verhindern, letztlich Mitgefühl steckt. Und es ohne innere Spaltung unmöglich ist, dieses mit Schweinen und Hühnern in der Massentierhaltung zu haben, sich beim Ertrinken von Flüchtlingskindern aber mit Witzen und Relativierungen von Gefühlsregungen abzuhalten.

Das Resultat ist jene schizophrene politische Dynamik, die wir gegenwärtig erleben. Mit einer Politik, die zwar ständig von "Zukunft" spricht, dabei aber gleichzeitig sozialpolitische Rückschritte um 100 Jahre forciert. Echter Tierschutz, der nicht nur als Spielwiese der Ausgrenzung und Diffamierung dient, hat die Zusammenhänge verstanden. Er betrachtet die Wechselwirkungen von Massentierhaltung, Naturzerstörung und Klimaschäden. Er begnügt sich nicht mit der Symptombekämpfung, sondern versucht systemische Änderungen herbeizuführen, die vielleicht nicht zwingend heute, aber in naher Zukunft tatsächlich zur Vermeidung von Tierleid führen.

Echter Tierschutz respektiert Menschenrechte

Echter Tierschutz stellt die Verteilungsfrage, hinterfragt also auch den Einsatz von Steuergeld zur Subventionierung von Produkten, die nachweislich die Umwelt schädigen und Tierleid verursachen, welche Konzentrationsbewegungen in der Landwirtschaft verstärken und kleinbäuerliche Strukturen schwächen. Er ist demnach Proponent der regionalen, biologischen, solidarischen Landwirtschaft, nicht der Agrarkonzerne.

Echter Tierschutz respektiert und fördert die Menschenrechte. Weil beispielsweise die Zerstörung der natürlichen Lebensräume von Tieren und gleichsam jener indigenen Völker im globalen Süden fast immer untrennbar miteinander verbunden sind. Und beides auch ein Resultat der unerbittlichen Ausbreitung von Monokulturen zum Anbau von Futterpflanzen für die europäische Intensivtierhaltung darstellt.

Es ist also nicht nur unmenschlich, den Tierschutz für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu instrumentalisieren, es ist auch in der Sache absolut beschränkt. Denn keinem Tier ist geholfen, wenn die heimische Fleischindustrie für den blauen Schweinsbraten-Patriotismus angekurbelt wird. Keinem Tier geht es besser, wenn Pferde für die Machtfantasien des Innenministers zu Gewalteinsätzen für die Polizei missbraucht werden.

Keinem Tier geht es besser, wenn Juden sich in ihrer Heimat wieder unwohl bis bedroht fühlen, weil manche in der Staatsmacht unüberlegt oder gezielt von ihrer Erhebung in Listen faseln und damit letztlich von Missständen im Umgang mit Tieren ablenken, die in den Ministerien und Landesregierungen nicht einmal statistisch erfasst werden, damit ja niemand auf die Idee kommt sie anzusprechen oder gar Änderung einzufordern.

Der Tierschutz der FPÖ ist kein echter Tierschutz. Und er bringt nicht nur den Tieren nichts, er gefährdet auch den gesellschaftlichen Zusammenhang und trägt dazu bei, dass der Entmenschlichung politischer Diskurse weiter Vorschub geleistet wird. Dabei wäre es hoch an der Zeit, dass tatsächlich echte Tierschutzpolitik angegangen wird. Im Sinne der Tiere und der Menschen – und zwar unabhängig von Hautfarbe, Herkunft oder Nationalität. (Sebastian Bohrn Mena, 19.7.2018)