Arbeitet mit Found Footage aus dem Internet: Loretta Fahrenholz remixt die Parodien eines Avantgardefilmklassikers.


Foto: Lisa Rastl © mumok

Wien – Ein quietschbunter Comic-Strip flimmert übers Eck und bis hinauf unter die Decke. Dann surrt der Diaprojektor, und mit einem lauten Klack schiebt sich über die spazieren gehende Frau ein schwarz-weißer Strip im Stil einer Graphic Novel. Wieder klack – dann überlagert das Bild eines Paares ein Comic in blutroten Tönen. Aufgerissene Augen. Szenen einer Abtreibung.

Es ist Ilse Aichingers Spiegelgeschichte von 1949, die Loretta Fahrenholz in ihrer Dia-Installation Story in Reverse (2018) ins Bildliche überträgt. In ihren Filmen fragt die 1981 geborene deutsche Künstlerin danach, wie Identität erzählt wird. Die Schau Small Habit Revolution im Mumok (Kurator: Matthias Michalka) nimmt dafür die weiblichen Erzählweisen zweier Werke der 1940er unter die Lupe.

Für Story in Reverse hat Fahrenholz mit Grafikerinnen zusammengearbeitet, die sie über eine Internetplattform "gecastet" hat. in unterschiedlichen Stilen interpretierten sie die Geschichte der jungen Frau, die Aichinger im Rückwärtsgang erzählt – vom Tod übers Krankenhaus, einer illegalen Abtreibung und junger Liebe, hin zur Kindheit und Geburt.

Selten sei die Auflösung linearer Strukturen so pointiert betrieben worden wie in Aichingers Erzählung, meint Loretta Fahrenholz. Es gehe vor allem darum, "männliche Erzähllogik umzustülpen". Um in der elliptischen Bewegung der Geschichte zu bleiben, benutzt sie für die Projektion Dia-Karusselle. Auf diese Weise hat die Installation weder Anfang noch Ende, es kommt zu Überschneidungen und Schattenwürfen, der Betrachter wird im Raum stehend unmittelbar Teil der Arbeit.

Mashes of the Afternoon (2018) seziert dagegen den Avantgardefilm Meshes of the Afternoon (1943) der US-Regisseurin Maya Deren. Der Kurzfilm beschreibt den Nachmittag einer jungen Frau, der im Suizid endet. Fahrenholz greift für ihr Video auf Amateur-Remakes und Parodien aus dem Internet zurück. Durch deren Remix potenziert sie Stilmittel des Originals – wie Wiederholungen, dramatische Schatten und Symbole – und offenbart so auch unfreiwillige Komik. (Kathrin Heinrich, Spezial, 20.7.2018)