Seoul/Pjöngjang – Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un hat umgeschwenkt: Nachdem die Rüstungsoffensive mit der Entwicklung von Atomwaffen und Interkontinentalraketen ihr Ziel erreicht hat, setzt Kim nun alle Kraft auf den Ausbau der unter Sanktionen ächzenden Wirtschaft. Augenfällig wurde dies bei seiner jüngsten Reise in Sonderwirtschaftszonen an der Grenze zu China.

Anders als sein öffentlichkeitsscheuer Vater besucht er Betriebe und spart nach Berichten der amtlichen Presse dort nicht mit harscher Kritik an Betriebsleitern und Bürokraten, wenn die erhofften Fortschritte ausbleiben. Damit wolle er die hart arbeitende Bevölkerung für sich gewinnen und zeigen, dass er alles auf die Entwicklung der Wirtschaft setze. Zugleich solle dies Bedenken zerstreuen, Kim nehme seine Zusagen zur Denuklearisierung nicht ernst, sagt Lee Woo-young von der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul.

"Da der Ausbau der Wirtschaft nun Hauptziel der Partei ist, muss er Ergebnisse vorweisen. Er könnte aber erkannt haben, dass es an der Basis nicht so rosig aussieht", sagt Koh Yu-hwan von der Dongguk Universität in Seoul. Kims Botschaft laute daher, es liege weder an ihm noch an den Arbeitern, sondern an den Parteifunktionären.

In der amtlichen Presse finden sich mehrere Beispiele für diese Strategie. Beim Besuch eines Kraftwerks in der Provinz Hamkyong sei Kim "sprachlos" gewesen, als er erfahren habe, dass die Anlage seit dem Baubeginn vor 17 Jahren erst zu 70 Prozent fertiggestellt sei, berichtete die Nachrichtenagentur KCNA.

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Die Verantwortlichen habe er als "schamlos" und "erbärmlich" beschimpft.

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Mitte Juli besuchte Kim den Hotelkomplex Onpho in der Provinz Hamkyong und erklärte, die Wasserbecken seien "schmutziger als ein Fischbehälter".

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Auf der Hotelbaustelle Yombunjin ist nach sechs Jahren noch nicht einmal der Verputz fertig.

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Anfang Juli habe er die Manager einer Textilfabrik in der Grenzstadt Sinuiju gerügt.

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Die Direktoren hatten erklärt, die schlechten Produktionsergebnisse seien auf fehlendes Material und mangelnde Finanzausstattung zurückzuführen.

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Nach Kims Kritik inspizierte Ministerpräsident Pak Pong-ju zahlreiche Fabriken, darunter auch jene in Sinuiju.

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Dabei habe er Besprechungen über Möglichkeiten der Modernisierung der Produktionsprozesse geleitet, berichteten Staatsmedien.

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Was in der Schultaschenfabrik Chongjin in der Provinz Hamkyong nicht passt, verschweigen die Agenturen. (red, APA, Reuters, 19.7.2018)


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BBC News: Kim Jong-un blasts delays in North Korean economic projects

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