Foto: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht
Fotos: Lisi Specht

Die Wiener Schauspielerin Cornelia Köndgen wohnt in Gersthof, umgeben von alten Dingen, die ein zweites oder drittes Leben verdienen. Nur die Raufasertapete im Vorzimmer hat alle Leben verspielt und muss weg.

"Man muss sich vorstellen: Als Ludwig und ich hier eingezogen sind, und wir waren halt so 68er-Hippies, haben wir das ganze Haus mit Raufasertapete beklebt und in regelmäßigen Abständen neu übermalt. Das hatte man damals einfach! Doch irgendwann konnte ich keine Raufasertapete mehr sehen, und so habe ich letztes Jahr beschlossen, meine Wohnung von Raufaser zu befreien und neu zu streichen. Die Küche ist bereits befreit, das Arbeitszimmer auch, und irgendwann einmal kommt auch das Vorzimmer dran.

"Ich kann mir ein Leben ohne Küche nicht vorstellen. Hier wird gekocht, gegessen, gesoffen, geplaudert, gelacht, geweint und über das Leben sinniert", sagt Cornelia Köndgen.
Foto: Lisi Specht

In der Küche habe ich mich an den alten Keramikfliesen orientiert, und da vor allem an der dunkelblauen Bordüre. Die Fliesen sind über hundert Jahre alt! Und so erstrahlt meine alte Küche nun in einem richtig schönen Nachtblau. Ich finde die Farbe fantastisch, und das Erstaunliche ist, dass der Raum trotz der dunklen Farbe größer und eleganter erscheint. Meine Freundinnen haben mir abgeraten. Sie meinten: "Was? Dunkelblau? Dann wird der Raum doch viel zu klein!" Ich denke, ich habe eine sehr genaue Vorstellung von den Dingen, die mich umgeben sollen.

In der Küche, muss man wissen, verbringe ich das halbe Leben. Ich liebe diesen Raum. Ich kann mir ein Leben ohne Küche nicht vorstellen. Hier wird gekocht, gegessen, gesoffen, geplaudert, gelacht, geweint und über das Leben sinniert. Wo geht man hin, wenn man in der Nacht nicht schlafen kann und sich etwas Gutes tun will? Man geht in die Küche, öffnet den Kühlschrank und nascht etwas. Man geht nicht ins Wohnzimmer!

Fotos: Lisi Specht

Das Haus stammt aus dem Jahr 1905 und befindet sich in Gersthof im 18. Bezirk. Meine Freundin machte mich 1985 darauf aufmerksam, und so habe ich es dann mit meinem Mann Ludwig Hirsch erworben. Das leichte Jugendstilflair mit den hübsch dekorierten Kacheln und diese kompakte, übersichtliche Anordnung der Räume hatten es uns angetan. Hinter dem Haus ist ein schöner Garten mit Oleander und Holunder, und damals, als wir eingezogen sind, habe ich einen kleinen Ginkgobaum gepflanzt, der schon alle möglichen Strapazen überstanden hat und heute wacker in die Höhe sprießt. Goethes Lieblingsbaum! Der Ginkgo hat sogar Hiroshima überlebt! In gewisser Weise finde ich mich in diesem Bäumchen wieder.

Ich würde nicht gerne in einem Neubau wohnen. In einem Altbau wohnt man mit den Geistern dieses Hauses, die einen ein Leben lang begleiten und in Schutz nehmen. Anders kann ich mir dieses wunderbare, unbeschreibliche Gefühl, das man hat, wenn man ein schönes, altes Haus betritt, nicht erklären. Bei der Einrichtung haben wir sehr darauf geachtet, das Alte zu respektieren und die außergewöhnliche Aura zu erhalten.

Fotos: Lisi Specht

Die meisten Möbel haben wir bei einem Altwarentandler in der Steiermark gekauft, wo sich auch unser Bauernhof befindet. So gibt es im Wohnzimmer vor allem schöne, alte Jugendstilmöbel, die nicht mehr im besten Zustand sind, aber perfekt ins Haus passen. Der Rest setzt sich aus Fundstücken und Erbstücken meiner Eltern zusammen. Ich finde, schöne Dinge haben immer ein zweites oder drittes Leben verdient.

Was soll ich sagen? Ich wohne gern in meinem Häuschen, und wenn meine Geister mich noch eine Weile beschützen, werde ich es mir in den nächsten Jahren mehr und mehr gemütlich machen und mir einen Raum nach dem anderen, Quadratmeter für Quadratmeter, mit neuen Wandfarben aneignen. Ab und an sollen liebe Menschen bei mir hereinschauen, die können dann das Resultat bewundern. Mehr Wünsche habe ich nicht." (23.7.2018)