Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) im Rahmen einer Nationalsratssitzung Anfang Juli.

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Wien – "Goschert" will sie sein, die neue Chefin des Österreichischen Frauenrings, und an Themen mangle es derzeit nicht, findet Klaudia Frieben. Arbeitszeit oder Kinderbetreuung – Frieben hat die Leitung der Dachorganisation Mitte Juni übernommen und die ÖVP-FPÖ-Regierung liefere seither laufend Material.

Die gelernte Bürokauffrau ist seit 2014 Bundesfrauenvorsitzende der PRO-GE und seit April dieses Jahres auch stellvertretende ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende. Die kürzlich von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossene neue Arbeitszeitregelung, welche die Möglichkeit des Zwölfstundentags vorsieht, ist Frieben wenig überraschend ein Dorn im Auge. "Frauen haben es heute noch schwieriger als bisher. Hier wird eine 'Frauen zurück an den Herd'-Politik betrieben", kritisiert die Vorsitzende.

Privilegierte Frauenministerin

Kritik übt sie in diesem Zusammenhang auch an Ressortchefin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), die aus der Wissenschaft kommt: "Die Frauenministerin sieht das aus ihrer eigenen privilegierten Position. Mit Frauenpolitik hatte sie nichts zu tun." Dass der Zwölfstundentag eine Chance für Frauen sei, indem sie etwa im Home-Office arbeiten, lässt Frieben nicht gelten: "Die Fabriksarbeiterin kann sich die Maschine nicht heim nehmen. Ebenso wenig die Reinigungskraft."

Bogner-Strauß setze mit ihren Positionen lediglich die politischen Vorgaben von ÖVP und FPÖ um: "Ich glaube, sie hat keine Ahnung von Frauenpolitik. Sie setzt den sehr konservativen Weg, den die Regierung fährt, um." Das Kopftuchverbot für Kinder etwa an den Ausbau der Kinderbetreuung zu knüpfen, hält sie für "Erpressung" und "dass man die FPÖ mit ihrem Weltbild schalten und walten lässt." ist in ihren Friebens Augen sehr gefährlich.

Einsparungen lassen Kritik verstummen

Massive Kritik äußerte der Frauenring jüngst auch an Förderkürzungen für Frauenprojekte. Auch der Dachverband selbst musste dadurch seine einzige Beschäftigte einsparen. Frieben berichtete zudem von Vereinen, die aus Angst, im nächsten Jahr gar keine Förderung mehr zu erhalten, keine Kritik mehr äußern wollen.

Apropos nächstes Jahr, 2019 feiert der Frauenring sein 50-jähriges Bestehen und plant dazu eine Veranstaltung. Ziel wäre es, mehr finanzielle Unabhängigkeit zu schaffen, um auch "ein bissl goschert" sein zu können, erklärt die Vorsitzende. Der Mitgliedsbeitrag von 90 Euro pro Jahr sei aber für viele Vereine nicht leistbar: "Das macht schon betroffen."

Zitterpartie für feministische Errungenschaften?

Während bei Frauenprojekten gekürzt werde, beschließe die Bundesregierung einen Familienbonus mit einem Volumen von 1,5 Mrd. Euro für "Gutverdiener". Dieses Geld hätte man gut für den Ausbau der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen brauchen können, so Frieben.

Unmut rufen bei der Frauenring-Chefin auch die Stellungnahmen von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer zu unerwünschten Übererfüllungen von EU-Mindeststandards hervor ("Gold Plating"). So fürchtet sie etwa, dass die verpflichtenden Einkommensberichte wegfallen könnten, da auch diese als überschießende Regelung bezeichnet würden. "Es ist deprimierend." Erreichtes könnte dadurch zunichtegemacht werden, betont Frieben. (23.07.2018, APA)